Zunahme der Luftschadstoffe in den hoch gelegenen Alpentälern besonders dramatisch Aktuelles / Termine
25.1.2004 Presseaussendung
Schnellstraßenvariante für Pustertaler Straße?

Offener Brief an die Delegierten der SVP-Pustertal Pustertaler SVP Bezirksparteitag 2004, am 24.01.04 in Pfalzen
Kommentar zur SVP Bau- und Verkehrspolitik, zu den Straßen-Projektvorstellungen am 20.21.22.01.04 in St.Lorenzen, Kiens, Vintl

Vorausgeschickt:

Bürgerversammlungen sollten nicht für Polemiken und Beleidigungen missbraucht werden; soweit herrscht Einigkeit. Dafür, dass manchen Bürgern die Nerven durchgegangen sind, habe ich allerdings Verständnis. Im Sinne der Sache sollten aber die in den Wortmeldungen vorgebrachten stichhaltigen Argumente nicht überhört werden: z.B. betreffend die Untätigkeit der Herrn Fischnaller und Hopfinger oder die Beschreibung des wahren Charakters der Straße, die wir uns dummerweise auch noch selber bauen. Zur Sprache kam auch die Art und Weise, in der bei uns nach wie vor Projekte, die keine breite öffentliche Unterstützung finden, in Ellenbogenmanier durchgeboxt werden.

Zu den Sachargumenten:

Vintler "Umfahrung": Im letzten Jahr wurde jedem klar, dass nicht nur die PPP, der Bezirkssozialausschuss, der Heimatpflegeverband, die Schützen usw. sondern genauso alle Gemeinden des Pustertales in klaren Stellungnahmen die Nutzung und Verbesserung der vorhandenen Trasse sowie KURZE Ortsumfahrungen forderten. Andernfalls stünde nach den ebenfalls aufgezwungenen und jeweils mehrere Kilometer langen sogenannten Umfahrungs-Neutrassierungen von Mühlbach, Bruneck, Welsberg und Niederdorf am Ende eine durchgehende Schnellstraße, die nicht nur den Transit unweigerlich anziehen wird, sondern auch den eigenen Verkehr um ein Vielfaches steigern wird! Dann werden wieder jene zur Stelle sein, die einen noch größeren Ausbau verlangen, bis am Ende am Bau einer Autobahn kein Weg vorbeiführen wird! Der schlagartige (hausgemachte!) Verkehrszuwachs nach der Öffnung der Mühlbacher Schnellstraße sollte das eigentlich allen deutlich gemacht haben!

Wenn das Vintler Projekt realisiert wird, haben wir damit eine beinahe-gerade Strecke mit Schnellstraßencharakter von der Vahrner Autobahnausfahrt bis vor St. Sigmund!

Die Auswahl dieser Trassenführung zeugt von Geringschätzung oben genannter Bürgervertreter, von Verantwortungslosigkeit dem gesamten Tal gegenüber, sowie von Ignoranz, was die Raum- und Umweltverträglichkeit solcher Eingriffe betrifft! Die beabsichtigte Verlegung der Rienz zeugt ebenfalls nicht von Respekt vor der Schöpfung - abgesehen von den Kosten!

Die von der Pustertaler SVP-Verkehrskommission angekündigte Raumverträglichkeitsprüfung muss vor der Bauentscheidung stattfinden, andernfalls drängt sich der Vergleich mit einem Fallschirmspringer auf, der erst nach dem Ausstieg aus dem Flugzeug kontrollieren möchte, ob der Fallschirm wohl in Ordnung ist!

Bei den Wortmeldungen kam auch zur Sprache, dass die angestrebten kurzen Unterflurlösungen sowohl für Unter- als auch für Obervintl vor Jahren schon zur Debatte standen aber ohne Angabe von nachvollziehbaren Begründungen abgelehnt wurden! Das könnte ein Indiz dafür sein, dass man immer nur die lange Schnellstraßenvariante in Betracht gezogen hat und sich folglich den "Ideenwettbewerb" zumindest zwischen Vintl und St. Sigmund auch hätte sparen können!

Dass diese Trasse laut BM Cerbaro schon seit 1995 diskutiert wird, kann doch kein Argument sein, schließlich hat der Mensch die Fähigkeit, im Lauf der Jahre dazuzulernen!

Es kam ebenfalls zur Sprache, dass die betroffenen Grundbesitzer und Bauern sich zum Teil aus Altersgründen nicht mehr wehren können oder schlicht übergangen werden! Dass das möglicherweise ein Grund für die Befürwortung von Seiten anderer Bauernvertreter sein könnte ist traurig und beschämend!

Was nicht ausreichend zur Sprache kam ist die Tatsache, dass bei der Wahl der Unterflurtrassierungen unter der bestehenden Straße SO GUT WIE KEIN neuer Grundverbrauch nötig wäre. Für die Hauptstraßenquerung und Bewegungsfreiheit der landwirtschaftlichen Maschinen wären Unterführungen oder Kreisverkehrslösungen besser als die Ausdehnung der Verkehrsadern- und Belastung auf den ganzen Talboden!

Dass sich die Obervintler Sportplatznutzer für die neue Straßennachbarschaft bedanken dürfen, passt ebenfalls ins Gesamtbild.

Bei den Projektvorstellungen war viel vom angestrebten Sicherheitsgewinn die Rede. Dazu ist anzumerken, dass man das "Pustertaler Sibirien" von derzeit 100 Metern auf über 5 km verlängert! Vermutlich sehen die angrenzenden Bauern die nötigen Salzeinsätze als gratis Düngemittel?!

Der angebliche Sicherheitsgewinn durch Beschleunigung kommentiert sich wohl von selbst!

Die Kniepass-Steigung wird als besonders gefährlich zitiert; man vergisst dabei, dass dort seit der Erweiterung der früher tatsächlich zu engen Kurve kaum mehr etwas passiert ist; es sei denn, es wurde zu schnell gefahren, was man angeblich ja anstrebt!!

Tunnellösungen werden als gefährlich bezeichnet und zu teuer; allerdings nur dort, wo sie eine dringend erforderliche Entlastung der Anwohner bringen würden, wie bei der Sonnenburger Siedlung oder bei den ausgesparten Gisse- Häusern!

An diesen Entscheidungen sieht man klar, dass für die wirklich Betroffenen nichts unternommen wird! Andernfalls gäbe es schon längst eine Ostausfahrt in Mühlbach, eine Einhausung der Brücke an der Reischacher Tunnelausfahrt oder die Unterflurumfahrung für Niederdorf!

Von St. Sigmund bis Bruneck kann gesagt werden, dass man sich an die Vorgaben gehalten hat und die bestehende Trasse nutzt, wobei Detaillösungen wie die völlig unnötige und Ortsbild-entstellende Ausfahrt St. Sigmund (Kreisverkehr genügt!) sowie der zu kurze Gisse- Tunnel (muss bis KM 88 reichen!) keine Zustimmung finden dürfen.

Zu Kiens ist anzumerken, dass man unnötigerweise sowohl die Umfahrung als auch die Bahn vertunnelt, obwohl auch eine kostengünstigere - weil kürzer und ohne neue Brücken - Direktuntertunnelung des Dorfkerns technisch kein Problem wäre! Wieso man auf dieser Maxi-Trassierung besteht, obwohl man noch nicht einmal das Einverständnis der Bahn hat und sich bei gleichzeitigen Lippenbekenntnissen die Möglichkeit einer Kienser- Bahn Haltestelle verbaut, ist nicht einsichtig!

Zur Gadertaleinfahrt: Dass statt der Ensemble- zerstörenden Sonnenburg/Meilenstein- Variante nicht die landschaftsschonendere und preisgünstigere Toblvariante gewählt wurde, und zwar wegen der Schwertransporte aus dem Runggener Gewerbegebiet, denen der etwas längere Weg Richtung Bruneck nicht zumutbar sei, zeigt, wem man bei uns in erster Linie zu Diensten ist. Was die Bedenken betrifft, dass mit der Tobl- Ausfahrt der Schwerverkehr weiterhin durch Pflaurenz ginge, ist anzumerken, dass es Verkehrsschilder gibt, die solches verhindern würden!

Die Hemdsärmeligkeit und Gefühlslosigkeit, mit der bei uns mit landschaftlichem Kapital gewuchert wird, wurde von sehr vielen Versammlungsteilnehmern beklagt.

Zusammenfassung:

Viele Diskussionsteilnehmer konnten sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bevölkerung hier unter Mithilfe verschiedener Lokalpolitiker vor vollendete Tatsachen gestellt werden soll.

Offensichtlich wird unser Pustertaler Haupttal nur mehr als Zubringer gesehen für die Gadertaler oder Kronplatzer Bettenburgen oder für deren Besitzer, die zunehmend mit Überlandlimousinen für zusätzliche Verstopfung unserer Straßen sorgen! Diese Kategorie fordert immer nur, hätte es aber mit einer intelligenten Staffelung der An- und Abfahrten sehr wohl in der Hand, die Saisons- Staus zu halbieren; abgesehen davon, dass in der Saison die Staus meistens nicht nur im Pustertal vorkommen sondern in halb Europa!

Im Übrigen gehören Staus heutzutage überall zum Leben wie schlechtes Wetter! Dass niemand fahrt, wenn alle fahren wollen, sollte sich ebenso herumgesprochen wie dass es einen zeitgemäßen öffentlichen Dienst geben muss, wenn dem wirklich abgeholfen werden soll.

Die beinahe unendliche Straßengeschichte dauert, wie Landesrat Mussner meinte, schon 30 Jahre. Er vergaß aber zu erwähnen, dass die damaligen Alemagna- Befürworter aus unseren SVP-Reihen kamen, bis man sich dank Luis Trenker und des Sextner Widerstandes aber auch dank der Toblacher Demonstration eines Besseren belehren lassen musste. Vor zwei Jahren gab es aber einen erneuten Anlauf in Sachen Alemagna- Zulaufstrecken bzw. Pustertaler Neutrassierung. Mit dem seit 30 Jahren gleichen Schlachtruf: "Gebaut wird ja doch; schauen wir wenigstens selber zu bauen!" Dieses Ansinnen verhinderte die PPP. In der Folge kam der Ideenwettbewerb, dessen Ausgang die allgemeinen Wünsche einfach ignorierte und in Vintl für die Realisierung eines der letzten E66-Teilstücke sorgen möchte.

Die offizielle E 66-Definition lautet: Neue Europäische Transit-Ost-West Verbindung im Süden der Alpen! Es wird überall intensiv daran gebaut! Die Südtiroler Verantwortlichen stellen sich dumm und belügen die Bevölkerung und beteiligen sich ebenso begeistert an diesem Verbrechen an Land und Leuten und deren Gesundheit und Zukunft!

Für mich wie sehr viele andere gilt jedenfalls weiterhin: Kein Zentimeter dieser Vintler Neutrassierung darf gebaut werden!

PS: Wer sich wundert, dass ein Parteimitglied die eigenen Entscheidungsträger und deren Hintermänner in solcher Weise kritisiert, nehme zur Kenntnis, dass für mich die Bewahrung des Tales und seiner Bewohner vor absehbarem Übel wichtiger als Parteipolitik ist und dass mein Standpunkt eher mit dem Parteistatut in Einklang steht als Ihrer!

Im Übrigen würde es mich nicht wundern, wenn bei den anstehenden Gemeindewahlen erneut eine hohe Rechnung für diese Politik bezahlt werden müsste!

Mit freundlichen Grüßen
Walter Harpf, SVP-Gemeinderat Bruneck, am 23.01.04

Bahn-Abbau auch in Südtirol beängstigend Aktuelles / Termine