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Innsbruck, 16. Juni 2002
ÖVP missachtet Verfassung, Bürgernähe und Demokratie
An den
ÖVP-Klub im Parlament
z. Hd. Herrn Klubobmann Dr. Andreas KHOL
Dr. Karl Renner-Ring 3
A-1017 WIEN

Verlängerung der Ökopunkteregelung –
Vorschlag der EU-Kommission KOM (2001)807 endgültig –
Position der Österreichischen Volkspartei –
Klubobmann Dr. Andreas Khol missachtet Bundesverfassung und zeichnet für grob
bürger- und demokratiefeindliches Verhalten.

Sehr geehrter Herr Klubobmann,
sehr geehrte Damen und Herren im ÖVP-Klub,
vor genau vier Monaten (17. Februar 2002) haben wir angefragt, welche Position die ÖVP im Parlament zum angeführten Vorschlag der EU-Kommission hat, der eine Verdoppelung der Lkw-Transitfahrten von dzt. 1,61 Mio. Fahrten (lt. Protokoll Nr. 9 EU-Beitrittsvertrag) auf weit mehr als 3 Millionen Lkw-Transitfahrten (Vorschlag KOM (2001(807 vorsieht. Nachdem Sie unser Schreiben bis heute nicht beantwortet haben (es ist selbstverständlich legitim, aktive Bürgerferne durch Ignoranz sachlich korrekter Bürgeranliegen zu betreiben), erlauben wir uns, den Grundsatz SCHWEIGEN BEDEUTET ZUSTIMMUNG anzuwenden und werden ab sofort in allen unseren Vereinsmitteilungen, Gemeindeinformationen, Publikationen, Presseerklärungen, Internetauftritten etc. darauf hinweisen, dass die 52 Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei im Nationalrat den EU-Kommissionsvorschlag KOM (2001)807 billigen und daher der „versteckten Freigabe der LKW-Transitfahrten von weit mehr als 3 Mio. pro Jahr Vorschub leisten“ (siehe Beilage „Was geschieht, wenn man nichts tut“).

Die 52 Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei im Nationalrat verzichten durch Ihr Schweigen bzw. die Billigung dieses Vorschlags (KOM 2001/807) grundsätzlich auf ihr demokratisches Mitspracherecht und haben damit zu verantworten, dass ab 2004

Sie selbst, sehr geehrter Herr Klubobmann, haben erst jüngst die Forderungen der Landtage in Kärnten, Salzburg und Tirol nach einer – wie vom Rat in Laeken geforderten – Verlängerung des Ökopunktesystems einschließlich der mengenmäßigen Begrenzung als „Wunsch ans Christkind“ bezeichnet. Dazu stellen wir unmissverständlich fest, dass Sie sich mit Ihrer Haltung außerhalb der Verfassung stellen und argumentieren wie folgt: Art. 1 der Österr. Bundesverfassung lautet:

Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus (er lautet nicht: ... Ihr Recht geht vom Khol aus).

Die Beschlüsse der Landtage nach einer „mengenmäßigen Begrenzung “ wurden im breiten Einvernehmen mit zahlreichen betroffenen Gruppen getroffen; d. h., sie „repräsentieren das Volk“ und sind daher verfassungskonform. Wer demokratisch zustande gekommene Beschlüsse der Landtage „als Wünsche ans Christkind“ bezeichnet, missachtet die Österreichische Bundesverfassung, der er per Eid verpflichtet ist. Zusätzlich ist ein solches Verhalten nur als grob bürger- und demokratiefeindlich zu betrachten und passt nicht mehr in die heutige Zeit – time, to say good-bye? Des weiteren dürfen wir Sie in der Sache informieren:

  1. Der Bericht der Kommission an den Rat vom 20.12.2000 belegt, dass es im bisherigen Beobachtungszeitraum der Wirksamkeit der Ökopunkteregelung (1993- 2001) zu einer „Zunahme der N0x-Emissionen aus dem Lkw-Transit durch Österreich um + 18 % gekommen“ ist; das vertragskonforme Ziel einer Entlastung um – 60 % weit verfehlt wurde;
  2. Der Rat von Göteborg hat im Juni 2001 „Rückführung des Straßentransports auf den Wert von 1998 beschlossen“ – der Kommissionsvorschlag KOM (2001)807 steht im Widerspruch zu diesem Ratsauftrag;
  3. Der Bericht der Europäischen Umweltagentur EEA (Dez. 2001) schlägt „mengenmäßige Begrenzungen des Lkw-Transitverkehrs vor“, um zu den vereinbarten Schadstoffreduktionen zu kommen.
  4. Die Landtage von Tirol und Salzburg haben sich am 20. März 2002 in Beschlüssen einstimmig zur „mengenmäßigen Begrenzung“ bekannt – und damit Ihr Versprechen gegenüber dem zuständigen Fachminister eingehalten.
  5. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat den zitierten Kommissionsvorschlag KOM (2001)807 am 17. April 2002 mit 33:3 Stimmen abgelehnt und ebenfalls die „mengenmäßige Begrenzung“ gefordert.
  6. Uns selbst liegen mittlerweile weit über 200 Unterstützungserklärungen nach der „mengenmäßigen Begrenzung“ der Lkw-Transitfahrten über das Jahr 2003 hinaus vor; darunter zahlreiche Städte und Gemeinden aus Tirol und Salzburg, die verschiedenen betroffenen Sektionen des OeAV und der Naturfreunde sowie anderer Organisationen aus den Bereichen Kirche, Soziales, Tourismus, Umwelt und Verkehr.
  7. Ebenso hat sich im Jahr 2002 mehrmals die Tiroler Industriellenvereinigung für die „mengenmäßige Begrenzung der Lkw-Transitfahrten“ ausgesprochen, da auf Grund der vor allem aus dem Schwerverkehrsbereich steigenden Schadstoffbelastungen mit Betriebsansiedelungsverboten bzw. strengen Neuauflagen auch an bestehende Betriebe zu rechnen ist.

Sie sehen also aus dieser unvollständigen Auflistung der Befürworter der „mengenmäßigen Begrenzung“ (die sachlich unverzichtbar ist, wenn man Mensch, Natur und Wirtschaft vertragskonform von den Schadstoff- und Lärmbelastungen entlasten will), dass es sich nicht um einen „Wunsch ans Christkind“ handelt, sondern um einen klaren demokratiepolitisch und sachlich richtigen Auftrag, den bestehenden Kommissionsvorschlag KOM (2001)807 um die Säule der Begrenzung zu erweitern. In der vorliegenden Form ist der Kommissionsvorschlag jedenfalls zurückzuweisen.

Mit der Bitte um Weiterleitung an die sehr geehrten Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei im Nationalrat zeichnet

mit freundlichen Grüßen
Ihr Fritz Gurgiser, Obmann, eh.

Beilagen:
„Was geschieht, wenn man nichts tut?“
Mitglieder des VP-Parlamentsklubs

WAS GESCHIEHT, WENN MAN NICHTS TUT?

Kommissionsvorschlag (2001)807 endgültig 20.12.2001
Anhang 2 9.422.488 Ökopunkte für das Jahr 2004

Berechnung Fahrten:
Derzeit sind bereits Lastkraftwagen mit 3 Ökopunkten zertifiziert (COP-Dokument).
9.422.488 : 4 Ökopunkte pro Fahrt ergibt 2,355.622 Lkw-Transitfahrten
9422.488 : 3 Ökopunkte pro Fahrt ergibt 3,140.839 Lkw-Transitfahrten
Diese technisch ohne Anstrengung möglichen Lkw-Transitfahrten berücksichtigen nicht eine allfällige Erweiterung der Gemeinschaft!

Die untragbaren Konsequenzen für die österreichischen Lebens- und Wirtschaftsräume entlang unserer Straßentransitrouten (Brenner, Tauern, Pyhrn etc.):

Technisch mögliche Steigerung der Lkw-Transitfahrten über die österr. Transitrouten (Brenner, Tauern, Pyhrn etc.) von dzt. ca. 1,6 Millionen auf 2,5 bis 3,2 Millionen (= Verdoppelung!) pro Jahr; dadurch:

Dazu aktuell aus der Tiroler Tageszeitung vom 9. Februar 2002:

*) Bernd Stampfer, der Leiter der Gewerbeabteilung des Landes, gibt Gurgiser "im Grunde Recht". Es könne "tatsächlich dazu kommen, dass wir keine Betriebsanlagen mehr genehmigen dürfen", bestätigte Stampfer der TT. Über diese Situation habe er LH Weingartner "vor einigen Monaten" informiert.

Der künstlich erzeugte und hoch subventionierte Lkw-Transit kreuz und quer durch die Alpen und Europa ist Umwelt- und Jobkiller Nr. 1. Es ist erstrangige politische Aufgabe, die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass dieser volkswirtschaftliche Unsinn beendet wird. Es muss rasch geschehen; sonst heißt es am Brenner und Tauern bald: Rien ne va plus!

Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei, Stand 16.06.2002.

Diese österr. Parlamentarier billigen den EU-Kommissionsvorschlag KOM (2001)807 und leisten daher der „versteckten Freigabe der LKW-Transitfahrten von weit mehr als 3 Mio. pro Jahr mit allen Konsequenzen Vorschub“ (siehe Beilage „Was geschieht, wenn man nichts tut“).

Werner Amon, MBA, Jakob Auer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Gerhart Bruckmann, Karl Donabauer, Mag. Heribert Donnerbauer, Matthias Ellmauer, Dr. Werner Fasslabend, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Gottfried Feurstein, Ernst Fink, Karl Freund, Mag. Cordula Frieser, Hermann Gahr, Edeltraud Gatterer, Wolfgang Großruck, Mag. Karin Hakl, Peter Haubner, Erwin Hornek, Franz Kampichler, Dr. Andreas Khol, Paul Kiss, Karlheinz Kopf, Günter Kößl, Mag. Helmut Kukacka, Johann Kurzbauer, Mag. Hans Langreiter, Edeltraud Lentsch, Reinhold Lexer, Johann Loos, Werner Miedl, Mag. Johanna Mikl-Leitner, Dr. Reinhold Mitterlehner, Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Walter Murauer, Mag. Martina Pecher, Nikolaus Prinz, Dr. Erwin Rasinger, Maria Rauch-Kallat, Ing. Hermann Schultes, Georg Schwarzenberger, Johannes Schweisgut, Dr. Michael Spindelegger, Astrid Stadler, Ridi Steibl, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Walter Tancsits, Mag. Dr. Josef Trinkl, Dr. Andrea Wolfmayr, Dr. Christof Zernatto, Johannes Zweytick
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