Presseschau: Die südtiroler Tageszeitung Dolomiten berichtet am 12.7.2002 von einer Stellungnahme von Ärzten zur geplanten Neutrassierung der Pustertaler Straße:

Wir brauchen keine neue Straße
Interessante Stellungnahmen aus allgemeinmedizinischer und notfallmedizinischer Sicht

Bruneck - Über viele Aspekte einer Neutrassierung der Pustertaler Straße ist diskutiert worden. Zu einigen Aussagen der Verfechter einer neuen Straße nehmen Hermann Brugger, Allgemeinarzt und Präsident der Internationalen Kommission für Alpine Notfallmedizin ICAR Medcom, und Werner Beikircher, leitender Notarzt der Sanitätseinheit Ost, wie folgt Stellung.

"Der Vorwand, dass mit einer Neutrassierung die Pusterer Straße sicherer würde, ist falsch. Im heutigen Verlauf weist die Straße zwischen Mühlbach und St. Lorenzen die geringste Sterblichkeitsrate auf, da in diesem Abschnitt die einigermaßen sichere Fahrgeschwindigkeit von 80-90 Stundenkilometern kaum überschritten werden kann.

Es ist bezeichnend, dass sich seit der Entschärfung des Kniepasses die schwersten Unfälle auf den ausgebauten Teilstrecken bei Mühlbach und auf der Brunecker Umfahrung ereignen, da diese Abschnitte zu überhöhter Geschwindigkeit verleiten. Zudem wäre die neue Trasse großteils auf der Schattenseite des Tales vorgesehen, was mit höherer Feuchtigkeit des Straßenbelags im Sommer und Eisbildung im Winter mit entsprechend erhöhtem Risiko verbunden wäre.

Auch ist zu sagen, dass eine neue Trasse auf eine höhere Geschwindigkeit ausgelegt würde. Höhere Geschwindigkeiten führen zwangsläufig zu mehr Lärmbelastung und höherem Schadstoffausstoß. Es ist voraussehbar, dass der Pkw- Verkehr mit der Streckenbeschleunigung zunehmen würde, da die Skigebiete durch die kürzere Anbindungszeit an die Autobahn für Tagestouristen aus Bayern und Norditalien attraktiver, sprich leichter erreichbar, sein würden.

Auch wenn die Promotoren bestreiten, dass eine beschleunigte Streckenführung den Lkw-Transit anziehen würde, so ist auch dies wahrscheinlich. Der Ausstoß von krebserregendem Feinstaub aus einem Lkw entspricht dem Ausstoß von 250 Pkw.

Genau zum Zeitpunkt, wo das Pustertal durch den Bau von Fernwärmewerken dabei ist, zum ökologischen Musterbeispiel Europas zu werden, würde eine auch nur geringe Zunahme der Schwerverkehrs diesen Vorteil mit einem Schlag wieder zunichte machen.

Fraglich ist auch die wirtschaftliche Berechtigung einer Neutrassierung. Es ist schwer verständlich, wenn auf der einen Seite Tickets für sanitäre Leistungen verlangt werden, auf der anderen Seite Gelder für eine neue Straße verwendet werden, deren Notwendigkeit nicht erwiesen ist und deren negative gesundheitliche Auswirkungen vorhersehbar sind.

Wir brauchen keine neue Straße, sondern einen verbesserten Schutz der Bevölkerung vor Unfall, Lärm und Schadstoffausstoß. Wir sagen deshalb ja zum raschen Ausbau kleinräumiger Ortsumfahrungen mit entsprechendem Lärmschutz, nein zur Neutrassierung der Pustertaler Straße."

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