Mittels neuer Straßenverbindung Osttirol-Italien - unter dem Vorwand der Tourismusförderung - und mittels örtlich begrenztem Nachtfahrverbot im Inntal soll Transitverkehr über Osttirol geleitet werden
Tirol Transit

Manche Tiroler Spitzen-Politiker werden nicht müde, sich mit markigen Sprüchen in der Öffentlichkeit als Gegner des Transits zu präsentieren und den Alpenkonventions-Sitz für Tirol zu reklamieren. Die gleichen Politiker haben gleichzeitig keine Skrupel, in diametralem Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Alpenkonvention den weiteren Ausbau bzw. Neubau von Transitstrecken durch Tirol zu forcieren, siehe z.B. den Bau des Tschirgant-Tunnels als Teilstück der Nord-Süd-Transitachse Ulm-Mailand und neuerdings - unter dem Vorwand der Tourismusförderung für Osttirol - einen Straßentunnel von Pieve di Cadore (?) nach Osttirol in die Diskussion zu werfen ( Osttiroler Bote vom 27.06.2002). Letzterer würde - wie schon das Anfang der Neunziger Jahre aufgetauchte Cavallino-Tunnel-Projekt - eine Verbindung der Alemagna-Autobahn direkt nach Osttirol und damit eine leistungsfähige Straße für den internationalen LKW-Transit über Osttirol schaffen. Zu dieser steigenden Attraktivität Osttirols für den Transitverkehr trägt derzeit schon der großräumige Neubau der Drautalbundesstraße in Richtung Tauern- und Südautobahn, der von einzelnen Osttiroler Politikern unter anderem unter dem Vorwand der Tourismusförderung betrieben wird, sowie der schnellstraßenartige Ausbau der Pustertaler Straße in Südtirol bei.

Man kann auch schwerlich an einen Zufall glauben, dass in Kürze auf der Inntal-Autobahn nur im Bereich zwischen Wörgl und Hall ein LKW-Nachtfahrverbot verhängt werden soll und damit der Zugang zur Felbertauernroute, die bei Wörgl bzw. bei Kufstein abzweigt, vom Verbot nicht erfasst wird. Damit wird die Felbertauern-Route als Ausweichstrecke für den Nord-Süd-Transit, der sonst in der Nacht über das Inntal zum Brenner rollen würde, geradezu vorprogrammiert.

Diese Transitfunktion würde durch den Bau einer neuen Straßenverbindung zwischen Osttirol zur Alemagna-Autobahn, die ja laut vorjähriger Entscheidung der italienischen Regierung bis Macchietto bei Pieve di Cadore weitergebaut werden soll, noch vervielfacht werden.

Wie manche Touristiker noch an eine tourismusfördernde Wirkung solcher lärm- und schadstoff-trächtiger Straßenausbauten glauben können, bleibt rätselhaft. Wenn das Gedeihen des Tourismus tatsächlich von bestausgebauten Straßen abhängig wäre, müsste der Tourismus entlang von Autobahnen , wie z.B. im Wipptal florieren. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Während das verkehrsmäßig bestens erschlossene Südtiroler Wipptal im Jahr 2001 mickrige 3,8 Prozent der Nächtigungen in Südtirol für sich verbuchen konnte, florierte im Südtiroler Pustertal der Tourismus trotz derzeit noch weitgehend schlecht ausgebauter Straße (30,7 Prozent der Südtiroler Übernachtungen). Im Regionalentwicklungsplan für das Nordtiroler Wipptal im Rahmen des LEADER-Programms Österreich 2000 - 2006 wird der stetige Rückgang an Nächtigungen in diesem Tal beklagt, der sowohl die Existenz von gewerblichen Fremdenverkehrsbetrieben als auch die von Privatzimmervermietungen gefährde. Der Lungau , durch den bekanntlich die Tauernautobahn führt, wies im Sommer 1999 mit 16,2 Prozent die geringste Bettenauslastung aller Salzburger Bezirke auf (Durchschnitt des Landes Salzburg 1998/99: 32,7 Prozent). Tourismusbetriebe an der Staatsstraße, die parallel zur Alemagna-Autobahn führt, klagen seit Eröffnung der Autobahn über massive Umsatzeinbußen (bis zu 90 Prozent Minus), zahlreiche Betriebe haben seither bereits zugesperrt.

Gästebefragungen zeigen, dass der Straßenverkehr von den Gästen oft als der wesentlichste Störfaktor im Urlaubsort betrachtet wird und weit vor Störungen durch Gewerbebetriebe oder laute Nachbarn rangiert. Bei einer Befragung im Rahmen einer Studie zum Thema Verkehr und Tourismus für das innere Salzkammergut, die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, des Bundeskanzleramtes, des Verkehrsressorts und des Landes Oberösterreich durchgeführt wurde, gaben rund 40 Prozent der befragten Gäste an, durch den Kfz-Verkehr im Urlaubsort gestört zu werden. Von den Schüler/innen und Studenten/innen sahen sogar 49 Prozent den Straßenverkehr als das wesentlichste Umweltproblem im Urlaubsort an. (DI Christof Flucher und DI Ernst Lung, fachliche Betreuer der Studien im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr)

Mit dem Ruf nach weiterem Straßenausbau wollen offenbar manche Politiker, Parteien und Verbandsfunktionäre - zum Schaden von Osttirol und dessen Bevölkerung - über eigenes regional-, struktur- und verkehrspolitisches Versagen hinwegtäuschen und Kompetenz vortäuschen.

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