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NETZWERK TIROL
Medienmitteilung zur TIWAG-Pressekonferenz der Betriebsratsvorsitzenden im ÖGB-Haus in Innsbruck,
20. März 2006

Gewerkschafter und Betriebsratsvorsitzende im Dienste der Kraftwerkspropaganda

Zwentendorf - Hainburg - Tirol
Soll sich die Geschichte wiederholen?

Die Touristenattraktionen der E-Wirtschaft:

Tiwag-Baustelle Sellrain-Sills

Speicher Lago di Livigno

Speicher Durlassboden

Ausgleichsbecken Glurns

Kaunertal: Gepatschspeicher

Hangriss: Rutschung Hochmaiß am Gepatschspeicher


Die ausgestreckte Hand der Tiwag


Tamarisken an der Isel
Wasseramseln an der Isel

Wieder bietet ein Energiekonzern Arbeitnehmervertreter seiner Großkunden auf, um gegen den Widerstand breitester Bevölkerungskreise Stimmung für den Kraftwerksbau zu machen.

Will die TIWAG wirklich an die unseligen Zeiten von Zwentendorf rühren?
Will sie wirklich die gesellschaftlich höchst unheilvollen Auseinandersetzungen von Hainburg heraufbeschwören?

Die Aktion, die wir heute erleben und die mithelfen soll, die wahnwitzigen Pumpspeicher-Projekte der TIWAG durchzusetzen, verschärft ohne Zweifel die derzeitige Diskussion.

Wie war das damals bei Zwentendorf?

Auch damals mobilisierten Betriebsräte, Zentralbetriebsräte und Gewerkschafter für ein Megaprojekt der Energiekonzerne!

Der ÖGB stellte damals seine berühmten "10 Argumente für Zwentendorf" auf. Es handelte sich um pure Angstmache:
"Ein Verzicht auf wirtschaftliches Wachstum hätte ein Einfrieren unseres Lebensstandards und in späterer Folge ein Absacken zur Folge."

Betriebsräte von Porr AG, Elin Union, Siemens, Andritz, Alpine, Waagner-Biro usw. inserierten damals (im Oktober 1978):
"Wir wollen weiterhin einen steigenden Lebensstandard. Deshalb sind wir für Zwentendorf."

Die Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter beschloss eine Resolution
"Ja zu Zwentendorf!":
"Über alle politischen Meinungsäußerungen hinweg ist die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf nötig. Die Inbetriebnahme hat im volkswirtschaftlichen Interesse des weiteren Ausbaues unserer Industrie, aber auch zur Sicherung unserer Arbeitsplätze und aus tarifpolitischen Gründen zu erfolgen."

In der Zeitschrift des ÖGB wurde es so formuliert: "Zustimmung für Zwentendorf, weil wir sonst in ein paar Jahren mit dem Kienspan in der Hand zähneklappernd zwischen allen jenen Ländern sitzen, die mit Atomstrom arbeiten. Arbeitslos, hochverschuldet, Bettler an den Toren jener, die Energie zu verkaufen haben." (Solidarität, November 1977)

Wie war das damals in Hainburg?

Auch damals mobilisierten Betriebsräte, Zentralbetriebsräte und Gewerkschafter für ein Megaprojekt eines Energiekonzerns!

ÖGB-Präsident Anton Benya drohte in aller Öffentlichkeit Aufmärsche der Gewerkschaft an. Die Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter sprach von Aktionen gegen die Kraftwerks­gegner in der Au. Ihr stellvertretender Vorsitzender, AK-NÖ-Präsident Josef Hesoun, bezeichnete sie als "Kommunisten" und unterstellte eine Finanzierung durch Gaddafi.

"Daher sagen wir von dieser Stelle aus, liebe Freunde, allen Pseudoumweltschützern klar und deutlich, daß wir nicht gewillt sind, uns ihrer böswilligen Kampagne gegen den Kraftwerksbau zu beugen." Originalton Hesoun (unbedingt anhören! 55 Sekunden):
www.innweb.at/netzwerk/presse

Den Projektgegnern warfen die Gewerkschaften vor, durch die Blockade Arbeitsplätze zu gefährden. Zentralbetriebsratsobmann Josef Kerschbaum (Universale Bau):
"In den Betrieben gibt es eine derartige Ballung von Erregung, dass wir die Menschen dort kaum zurückhalten können." Die Belegschaften würden "bald in der Au aufmarschieren, nicht um den Umweltschützern frohe Weihnachten zu wünschen, sondern um zu erreichen, dass die Au-Besetzer das neue Jahr bereits bei sich zu Hause verbringen".

Will die TIWAG wirklich an die Zwentendorf-Kampagne und an die Hainburg-Geschichte anknüpfen?
Will die TIWAG wirklich mutwillig diese gesellschaftliche Spaltung provozieren?

Projekte wie die von der TIWAG geplanten Pumpspeicherkraftwerke am Arlberg, im Bereich Kaunertal-Pitztal-Ötztal, im Bereich Gschnitz-Stubai-Kühtai und im Tauerntal vernichten allein im Tourismus und in der Landwirtschaft ein Vielfaches jener Arbeitsplätze, die sie in der Kraftwerksführung schaffen würden. Der vom Land in Auftrag gegebene Synthesebericht hat hier bereits sehr deutliche Worte gefunden:

"Bei der Errichtung von Wasserkraftwerken stellt sich die Situation freilich anders dar. Primär werden mit derartigen Investitionen keine regionalwirtschaftlichen Ziele verfolgt. Dies manifes­tiert sich auch in den im Vergleich zur Investitionssumme äußerst geringen Arbeitsplatzeffekten. Trotz der temporär positiven Auswirkungen vor allem auf die Baubranche während der Errich­tungsphase können kaum dauerhafte positive regionalwirtschaftliche Effekte erzielt werden. Be­trieb und Wartung auch größerer Kraftwerksanlagen können zumeist von einer sehr geringen Anzahl an Personen bewerkstelligt werden, die mehrere Kraftwerksstandorte zugleich betreuen. Positive regionale Impulswirkungen sind theoretisch auf der Branchenebene möglich, wobei hier aufgrund der wirtschaftsstrukturellen Ausrichtung der betroffenen Talschaften so gut wie ausschließlich der Tourismus betroffen ist. Die Möglichkeiten, Kraftwerksanlagen als touristische Attraktionen erfolgreich zu vermarkten, wie dies etwa in den 1950er Jahren im Fall Kaprun ge­lungen ist, werden als sehr unwahrscheinlich eingestuft. Vielmehr steht der Kraftwerksbau in ei­nem starken Interessenskonflikt zu den bereits sehr weit entwickelten Tourismusaktivitäten vieler betroffenen Gemeinden und Talschaften. Die zumindest temporär geschaffenen Arbeitsplätze werden jedoch aller Voraussicht nach zumeist aus Einpendlern bestehen, die beispielsweise im Dekadenbetrieb arbeiten und nach einer zehntägigen Schicht fünf Tage frei bekommen und daher nicht dauerhaft am betreffenden Ort wohnen. Dies hätte auch die Folge, dass gerade die zusätzlich geschaffenen Einkommen nicht vor Ort ausgegeben werden und daher die induzierten Effekte auf den Handel und das Gaststättenwesen in der unmittelbaren Region gering bleiben."
(Fachliche Prüfung des TIWAG Optionenberichtes - Synthesebericht, Juli 2005)

Die Politik und die TIWAG dürfen nicht nur immer wieder Sachlichkeit einfordern, sie müssen auch selbst zu dieser zurückkehren. Wenn Landesrat Anton Steixner im Zusammenhang mit den Kraftwerksprojekten Leute, die sich um ihre Heimat sorgen, als "ein paar Linkschaoten" (10.12.2005) bezeichnet und TIWAG-Chef Bruno Wallnöfer von ihnen als "militante Gegner der TIWAG" spricht (März 2005), ist dieser Weg bereits verlassen. Auch Äußerungen von Landeshauptmann van Staa, der die Frauen von Osttirol beschimpft (Juni 2005) und durch die Errichtung von neuen Kraftwerken bis zu "16.000 neue Arbeitsplätze in Tirol" entstehen sieht (August 2005), schlagen einen sehr bedenklichen Ton an.

Solcherart läuft es auf eine Auseinandersetzung hinaus, die wir alle nicht wollen: "Auch in Tirol ist es so, dass der Kraftwerksbau im wesentlichen Anfang der 80er Jahre zum Stillstand gekommen ist. Das ist ein katastrophales Szenario." Und: " Wenn wir uns nicht schnell auf die Socken machen, droht eine Katastrophe." (TIWAG-Vorstands-Chef Bruno Wallnöfer)

Die Vorgänge rund um Zwentendorf und Hainburg dürfen sich nicht wiederholen.

Die neuerliche Vereinnahmung und Benützung der Arbeitnehmervertreter birgt die Gefahr einer Eskalation. Davor möchten wir warnen. Gegen den landesweiten Widerstand der Bevölkerung werden diese heute wahnwitzigen, energiefressenden Pumpspeicherkraftwerke nicht durchzusetzen sein.


Die Initiative NETZWERK TIROL ist ein Zusammenschluss jener Gruppierungen, die sich gegen die aktuellen Großprojekte der TIWAG zur Wehr setzen.

NETZWERK TIROL
Arbeitsgemeinschaft Malfon
Aktionsbündnis Ötztal
Initiative Pitztal
Lebenswertes Kaunertal
BI Kein Kraftwerk im Stubai
Netzwerk Wasser Osttirol

Arlberg, Kaunertal, Pitztal, Ötztal, Stubai, Osttirol am 20. März 2006
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