Die Zukunft der Tauernautobahn

Ein großteils sachlich fundierter, teils auch ironischer Blick in die Zukunft in der Hoffnung, dass das Schlimme, das droht, nicht eintreten möge. Jede Zukunftsprognose wägt Wahrscheinlichkeiten ab. Die beschriebenen Ereignisse sind entweder in vergleichbaren Situationen schon vorgekommen oder zumindest mehr oder weniger wahrscheinlich.

Jänner 2004

Die 100 neuen Kontrollorgane haben den Effekt, dass die Bezahlungsrate der Lkw- und Busmaut ziemlich hoch ist. Gegen Tempo- und Gewichtsüberschreitungen und gegen Verstöße gegen Arbeitszeit-, Sozialversicherungs-, Tiertransport- und Gefahrguttransportgesetze richtet das neue Personal fast nichts aus. Wegen Personal- und Kontrollstellenmangels gibt es auf Dauer kaum mehr Lkw-Kontrollen durch die Exekutive als bisher. Die Maut bewirkt, dass bei den Massengütern wie Holz, Rohstoffen, Abfällen ein Teil auf die Bahn verlagert wird. Ansonsten verbessern die Frächter die Logistik. Sie kooperieren etwas mehr und verringern dadurch die Leerfahrten. Die Maut wird außerdem als Vorwand für Preiserhöhungen genutzt. Der bisherige Wettbewerbsnachteil von Teilen der Lungauer Wirtschaft wird deutlich verringert. Während bisher die Konkurrenz der Lungauer bei ihrem Warenbezug und ihren Lieferungen großteils keine (Scheitelstrecken-)Maut zahlte, muss die Konkurrenz der Lungauer jetzt auch km-abhängige Maut zahlen. Gemeinden im Drautal, im Salzachtal, im Fritztal und im Ennstal klagen über zahlreiche Lkw-Mautflüchtlinge, die durch die Orte fahren. Es entbrennt ein Streit, wie viele das wirklich sind. Dass die geltende EU-Wegekostenrichtlinie die Bemautung von Ausweichstrecken zuließe, wird weiterhin ignoriert.

Das Ende des Transitvertrags wird durch deutlich mehr Lkw-Verkehr auf den Autobahnen spürbar. Der Anstieg wird ein langsamer sein, insbesondere wenn die negativen Prognosen für die Bahn eintreten.

24./25. 1. 2004

Es schneit andauernd. Die ÖSAG streut auf der Scheitelstrecke 200 t Salz in 24 Stunden (so bereits geschehen am 29./30. 1. 2000). Messungen ergeben stark erhöhte Salzwerte im Zederhausbach. Die Fischer nehmen es mit Humor und präsentieren beim Faschingsumzug Meerwasserfische, die sie im Zederhausbach gefangen haben wollen.

Winter/Frühjahr 2004

Die Gemeinden von Hüttau bis Gmünd werden erpresst: Entweder Ihr stimmt dem nachgebesserten Angebot von 230 Mio Euro für Lärmschutzbauten (zu verbauen in etwa gleich großen Jahresraten bis zum Jahr 2020) schriftlich zu oder Ihr bekommt nur Maßnahmen auf Grund der berüchtigten Dienstanweisung des Ministeriums, also fast nichts. Es kommt in einigen Gemeinden zu heftigen Diskussionen. Die Gemeinderäte stimmen zu.

Der Gemeinde Trebesing wird von der Kärntner Landesregierung versprochen, ab 2005 um 22 Mio Euro eine 900 m lange Einhausung zu errichten. Weiters wird versprochen, dass die Einhausung später nach Maßgabe der finanziellen Mittel verlängert wird, falls die Lärmgrenzwerte (50 db nachts, 60 db tagsüber) überschritten werden. Die Normen der Weltgesundheitsorganisation WHO betragen hingegen 45 dB Nacht und 55 dB Tag.

Während Inversionswetterlagen werden die Luftgütegrenzwerte bei Messstellen wie Hallein und Villach erneut deutlich überschritten.

Die Werte der Messstelle an der Autobahn in Hallein, wo diese Überschreitungen schon länger gemessen werden, beweisen, dass die Überschreitung vom Autobahnverkehr verursacht ist. Die Kärntner Landesregierung hat im Kärntner Zentralraum keine Messstelle an der Autobahn aufgestellt. Die Messstelle in Villach steht im Stadtzentrum. Daher ist der Verursacher nicht eindeutig zuordenbar. Beide Landesregierungen sind laut Luftreinhaltegesetz veranlasst, Maßnahmen zu veranlassen. Es werden Arbeitskreise eingerichtet. Die Landesregierungen schreiben Briefe mit Forderungen nach Wien und Brüssel und verlangen von dort Maßnahmen, setzen aber im eigenen Wirkungsbereich keine nennenswerten Maßnahmen.

Die Salzburger Landesregierung z. B. hat gerade bei ihrem Amtsgebäude Michael-Pacher-Straße zusätzliche Parkplätze für die Beamten gebaut, obwohl 7 Buslinien hinführen.

Februar 2004

Es stellt sich heraus, dass in Kärnten die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften durch Lkw-Lenker und ihre Arbeitgeber kaum effizient kontrolliert werden kann. Während die Gebietskrankenkassen von NÖ, Steiermark und Salzburg dazu ein elektronisches Tachoscheibenlesegerät verwenden, hat die GKK von Kärnten ein solches Gerät nicht. Bei Betriebsprüfungen in NÖ, Stmk und Sbg werden so die tatsächlichen Arbeitszeiten der Lenker festgestellt, was oft Nachzahlungen an Sozialabgaben zur Folge hat. Außerdem müsste der Gesetzgeber die Aufbewahrungsfrist der Tachoscheiben von derzeit 1 Jahr auf 5 Jahre verlängern, damit die GKK auch auf der Grundlage der Tachoscheiben den gesamten Prüfzeitraum nachvollziehen kann.

Verkehrsaktivisten kritisieren, dass Österreich die niedrigsten Strafen für Verkehrsdelikte in der EU hat. Die geringe Strafhöhe mindert den Abschreckungseffekt. Für Frächter zahlt es sich aus, fallweise Strafen einzukalkulieren. Außerdem verhängt jede Bezirkshauptmannschaft unterschiedliche Strafhöhen. Man weiß nicht, wie hoch die in Salzburg bei Delikten auf der Autobahn eingenommenen Strafen sind, weil die Bezirkshauptmannschaften dies nicht erheben. LH Schausberger sagte am 26. 3. 2003 im Landtag: "Unser Anknüpfungspunkt für die UVP-Beschwerde beim VfGh ist die Genehmigungspflicht für die Deponien des Aushubmaterials. Im übrigen sind es auch die Deponien, deren Genehmigung durch das Land die faktische Voraussetzung für einen Baubeginn sind. Das Land genehmigt die Deponien und ohne Deponien kein Tunnelbau. Bis 2004 wird das Verfahren vor dem VfGH sicher entschieden sein." Die ÖSAG kündigt an, bei einer allfälligen Verzögerung trotzdem mit dem Bau beginnen zu wollen und den ganzen Aushub in Kärnten zu deponieren und meint, Rennweg würde sich über längere Lärmschutzwälle freuen.

März 2004

Die beiden neugewählten Landesregierungen bekräftigen, dass sie an der Verdoppelung der Verkehrskapazität auf der Tauernautobahnscheitelstrecke festhalten wollen. Nach ihrer Zustimmung für den Bau bekommen die Gemeinden von Hüttau bis Gmünd 70 Mio Euro für die Zeit bis 2007 zur Verfügung gestellt. Hinter den Kulissen und offen kommt es zu heftigem Tauziehen, welche Lärmschutzbauten früher drankommen und wo der Lärmschutz erst 2020 fertiggestellt wird.

Im April 2004

entscheidet der Verfassungsgerichtshof ablehnend über die Beschwerden der Gemeinden, der Salzburger Landesumweltanwaltschaft und der Salzburger Landesregierung. Diese hatten gegen den Bescheid des Verkehrsministeriums, dass für den Bau der 2. Tunnelröhren keine UVP nötig ist, berufen. Vorher wurde hinter den Kulissen heftig interveniert, um die Entscheidung des VfGH zu beeinflussen. Die Salzburger Landesregierung erklärt, nachdem die Gemeinden den Lärmschutzbauten zugestimmt hätten, sei eine UVP aus ihrer Sicht nicht mehr notwendig.

Die Kärntner Landesregierung war immer schon dagegen, dass eine Kärntner Gemeinde sich wegen der UVP an das Höchstgericht wendet. Eine der Salzburger Landesumweltanwaltschaft vergleichbare Institution hat die Landesregierung in Kärnten nie installiert, um bei Verfahren freiere Hand zu haben.

Frühjahr 2004

Der Europäische Gerichtshof lehnt das sektorale Fahrverbot auf der Inntalautobahn ab. Die ÖVP-SPÖ-Landesregierung in Tirol bekräftigt daraufhin das Nachtfahrverbot im Inntal. Die ÖVP-SPÖ-Landesregierung in Salzburg lehnt ein Nachtfahrverbot mit der Begründung ab, dass dann die Versorgung zusammenbrechen würde, tagsüber riesige Staus entstehen würden und die Wirtschaft unermesslichen Schaden nehmen würde.

1. 5. 2004

EU-Erweiterung. Slowenische Lkw, die bisher die Rollende Landstraße der ÖBB Salzburg – Laibach bzw. Wels – Villach benutzt haben, weil das bilaterale Kontingent bei den Fahrten auf der Straße überschritten wurde, können nach Entfall der Kontingentregelung auf der Straße durch Österreich fahren. Kroatische, serbische, bosnische und andere Frächter gründen Tochterfirmen in Slowenien, um auch diese Begünstigung zu erlangen. Die Auslastung der Rollenden Landstraße geht stark zurück (2002 waren noch 92.000 Lkw auf der Tauernbahn am Zug), der Lkw-Verkehr auf der Straße steigt.

Transport-Firmen und Lenker aus den neuen Mitgliedsstaaten drängen zu Billigpreisen und –löhnen in den österreichischen Markt herein. Es fehlt das Personal für ausreichende Kontrollen der verschiedenen Vorschriften. Außerdem haben einige Politiker gesagt, man solle nicht zu viel kontrollieren, sonst würden die österreichischen Lkw im Ausland auch genau kontrolliert.

Mai 2004

Die Gemeinden Flachau und Zederhaus, die die Verlegung der Hochspannungsleitung über das Windsfeld in den neuen Tunnel gefordert haben, setzen bei der ÖSAG durch, dass im Tunnel ein Kabeltrog gelegt wird, in den später das Hochspannungskabel gelegt werden kann. Der Eigentümer der Stromleitung sichert zu, dieses Kabel zu legen, wenn in einigen Jahren die technische Lebensdauer der Freileitung erreicht ist.

Die EU lehnt es erneut ab, Partikelfilter für neue Dieselkraftfahrzeuge vorzuschreiben, obwohl Österreich die giftigste Fahrzeugflotte der EU hat, weil der Dieseltreibstoff stark subventioniert wird und daher der Dieselanteil bei Pkw so hoch ist. Umweltverbände fordern die Autokäufer auf, bei Käufen von Autos nur jene Marken zu kaufen, die Partikelfilter haben, das sind derzeit vor allem französische Typen.

Die Grünen fordern erneut die Angleichung der Steuer auf Diesel an die Höhe der Steuer auf Benzin. Der Gesetzgeber lehnt das ab, weil man die PendlerInnen schonen will und nimmt damit zugleich die budgetbelastende Subventionierung des Lkw-Verkehrs weiter in Kauf.

Sonntag, 6. Juni 2004

Eine Großkontrolle der Lkw, die an diesem Sonntag auf der Autobahn bei St. Michael unterwegs sind, ergibt, dass ein Drittel davon nicht fahren dürfte, weil sie nicht unter die Ausnahmegründe vom Sonntagsfahrverbot (Transport von Frischmilch, Frischfleisch etc.) fallen und diese Gründe durch falsche Aufschriften am Lkw, falsche Papiere etc. vorgetäuscht haben.

Sommer 2004

Es gibt wieder viel Stau (in Deutschland haben die größten Bundesländer fast gleichzeitig Ferien). Die ÖSAG weigert sich weiterhin, das im Ausland bewährte Mittel einer höheren Maut zu Stauzeiten einzusetzen. LH Schausberger hat zwar am 12.7.2001 gesagt, dies wäre sinnvoll, aber er hat sonst nichts unternommen. Durch eine stauabhängige Maut würde erfahrungsgemäß ein Teil der Kfz-Lenkenden zeitlich ausweichen, die Stauspitzen würden gekappt.

Juli 2004

Die ÖSAG beginnt mit dem Bau des Katschbergtunnels, obwohl sich Österreich in der Alpenkonvention verpflichtet hat, Alpenstraßenausbauten einer UVP (samt verpflichtenden Auflagen) zu unterziehen. AnrainerInnen und Umweltverbände protestieren, weil noch zahlreiche Voraussetzungen fehlen und Versprechungen nicht eingelöst sind.

Herbst 2004

Die Kontrollstelle Kellerberg im Drautal in Fahrtrichtung Norden geht in Betrieb. Sie ist aus Personalmangel nur wenige Stunden an wenigen Tagen besetzt. Wenn sie besetzt ist, warnen sich die Lkw-Lenker, und Lkw-Lenker, die etwas zu befürchten haben, weichen über die Drautalbundesstraße aus. Anrainer und Gemeinden beschweren sich, die Kärntner Landesregierung sagt, es gäbe keine genauen Zählungen über den Ausweichverkehr.

Oktober 2004

Die Bundesregierung kürzt die Zuschüsse für die Beförderung von Lkw auf Strecken der Rollenden Landstraße deutlich. Diese Zuschüsse betrugen bisher jährlich durchschnittlich 200 Mio Euro für ganz Österreich. Die Auslastung der Rollenden Landstraße auf der Tauernachse geht weiter zurück, der Lkw-Verkehr auf der Straße steigt weiter. Die im November 2003 eingerichtete Rollende Landstraße Salzburg – Palmanova (bei Udine) wird wieder eingestellt.

November 2004

Es wird bekannt, dass die Zahl der Arbeitsplätze im Lungau seit dem Autobahnbau um 10 % weniger zugenommen hat als im Durchschnitt des Landes Salzburg. Im Zentralraum stieg die Arbeitsplatzzahl überdurchschnittlich. Der Autobahnbau hat also die Kluft zwischen Zentralraum und Lungau vergrößert.

Aus den Lungauer Wochenpendlern wurden Tagespendler, die gefahrenen Kilometer (im Arbeitspendelverkehr der LungauerInnen) haben sich seit 1975 etwa verfünffacht. Verkehrsaktivisten meinen, es wäre richtig gewesen, das Geld in Arbeitsplätze im Lungau zu investieren anstatt in den Autobahnbau. Eine wintersichere Verbindung wie die Felbertauernstraße nach Osttirol hätte genügt. Einzelne PolitikerInnen geben ihnen hinter vorgehaltener Hand recht, im Landtag stimmen sie trotzdem für den Baubeginn des Tauerntunnels.

Dezember 2004

Die Portalfeuerwehren an der Tauernautobahn geben bekannt, dass sie an Werktagen tagsüber für Großeinsätze im Autobahnbereich nicht voll einsatzfähig sind, weil viele Feuerwehrleute tagsüber auswärts arbeiten. Ein großes Problem ist auch, dass die Dienstgeber der Feuerwehrleute diesen für Einsätze auf der Autobahn nicht mehr unbezahlt frei geben wollen. Die Feuerwehren verlangen einen Fonds, aus dem die Dienstgeber entschädigt werden.

Jänner 2005

Die Verkehrszählungen des Jahres 2004 ergeben, dass der Lkw-Nachtverkehr auf der Tauernautobahn gegenüber dem Vorjahr um 15 % angestiegen ist. Im Lungau werden nachts rund 1000 schwere Lkw gezählt.

Die Schweiz erhöht, wie seit 1998 gesetzlich vorgesehen, die (schadstoffabhängige) Lkw-Maut. Ein Lkw mit 40 t Gesamtgewicht zahlt in der Schweiz durchschnittlich 64 Cent pro km, in Österreich 27 Cent pro km (auf Sondermautstrecken mehr). Dadurch weichen täglich hunderte Lkw über Österreich (vor allem über die Brennerautobahn) aus.

Februar 2005

Die Europabrücke der Brennerautobahn muss dringend repariert werden. Dadurch können um 1500 Lkw pro Werktag weniger passieren. Der Großteil davon weicht auf die Tauernautobahn aus, wo die Maut außerdem um ca. 40 % niedriger ist als auf der Brennerroute. Die Sanierung der Europabrücke dauert 2 Jahre lang.

Frühjahr 2005

Die Lkw-Maut wird österreichweit nach dem Schadstoffausstoß gestaffelt und dabei für schadstoffärmere Lkw auf Druck der 24 anderen EU-Staaten und der heimischen Frächtervertreter gesenkt. Eine Kontrolle, ob die auf dem Papier bzw. auf dem Prüfstand schadstoffärmeren Lkw im Echtbetrieb wirklich schadstoffärmer sind – mehrere fundierte Studien aus Österreich und Deutschland sagen das Gegenteil -, ist kaum möglich.

Mai 2005

Schwermetallmessungen autobahnnaher Wiesen ergeben, dass in manchen Proben die Grenzwerte überschritten sind. Einige Biobauern in Flachau und Zederhaus verlieren den Biobauern-Status und die erhöhten Agrarförderungen.

Sommer 2005

Es gibt heftige Diskussionen über einen Börsengang der Asfinag oder eine anderweitige Privatisierung der Autobahnen. Die italienische Autobahngesellschaft hat beispielsweise 2002 die rumänischen Autobahnen gekauft und ist daran interessiert, auch Anteile am österreichischen Autobahnnetz zu erwerben, insbesondere an den an Italien angrenzenden Strecken, um dort mehr Einfluss zu haben.

September 2005

Die Lkw-Abstellmöglichkeiten an den Rastplätzen Eben und Eisentratten werden trotz Protesten der AnrainerInnen erweitert, weil im Zuge des Baubeginns für die Einhausung in Zederhaus der Parkplatz Krottendorf geschlossen wird. AnrainerInnen blockieren die Lkw-Parkplätze tagelang, weil sie durch Kühlaggregate nachts nicht mehr schlafen können.

2006

Die italienische Autobahngesellschaft erwirbt 30 % der Asfinag und damit ein Mitspracherecht. Bald darauf wird die Pkw-Jahreskarte auf der Tauernautobahnscheitelstrecke abgeschafft. Das Land Salzburg muss für die Lungauer Kennzeichen daher nicht mehr pauschal etwa 70 Euro pro Jahr, sondern jede Fahrt an die Straßenbesitzer ersetzen. Das Land Salzburg beschließt, für Fahrten von Lungauern nach Richtung Salzburg die Maut nur mehr zur Hälfte zu subventionieren (die andere Hälfte müssen Lungauer zahlen, das wären 2,25 Euro pro Pkw-Fahrt nach dem Preisstand von 2003). Für Fahrten von Lungauern nach Kärnten wird der Zuschuss des Landes abgeschafft. Lungauer müssen dort voll zahlen. Viele Lungauer fahren wieder über den Katschbergpass. Die Lungauer Einzelhändler freuen sich, weil nunmehr viel weniger Kaufkraft der Lungauer nach Spittal und Umgebung abfließt.

2007

Wie im Dezember 2003 im Rahmen der sogenannten ÖBB-Reform beschlossen wurde, wurde die Schienenmaut für Güterzüge seither sukzessive verdoppelt. Dadurch kommt es zu einer Verlagerung von der Schiene auf die Straße.

Die Wegekostenrichtlinie der EU wird nach jahrelangen Streitigkeiten verabschiedet. Sie wird so verwässert, dass nur durchschnittlich etwa 15 cent pro Lkw-km erhoben werden dürfen. Da damit die Einnahmen geringer sind als 2003 angenommen, verkündet die Asfinag, dass die Lärmschutzbauten für die Tauernautobahnanrainer trotz schriftlichen Versprechens nicht 2020, sondern erst 2030 fertiggestellt werden können. Das eingenommene Geld müsse die Asfinag in Kapazitätserweiterungen wie den sechsspurigen Ausbau Salzburg – Hallein investieren, um mehr Verkehr und damit mehr Einnahmen für die Aktionäre zu ermöglichen.

2008

Die Schweiz erhöht erneut die Lkw-Maut. 40-Tonner zahlen durchschnittlich 72 Cent pro km. Nach monatelangem Streit zwischen den A10-Anrainergemeinden um die weniger gewordenen Mittel für die zugesagten Lärmschutzbauten setzen die Landeshauptfrauen von Salzburg und Kärnten ein MediatorInnenteam ein, dem auch die Landesumweltanwälte angehören, um die Reihenfolge festzulegen und das Klima zwischen den Gemeinden zu verbessern.

Die schadstoffbelasteten Wiesen entlang der Autobahnen und in den Kleeblättern der Abfahrten werden für den Anbau von Energiepflanzen zur Gewinnung von Biodiesel verwendet.

Der Zustand der Schutzwälder oberhalb der Tauernautobahn hat sich zunehmend verschlechtert. Die Regierung verfügt, dass ein zwanzigprozentiger Aufschlag auf die Pkw- und Lkw-Scheitelstrecken-Maut eingeführt und für die Schutzwaldsanierung und Lawinen- und Murenverbauungen zweckgewidmet wird.

2009

Die EU rügt Österreich, weil die EU-Richtlinie "Umgebungslärm" u. a. entlang der Tauernautobahn nicht umgesetzt ist.

Nach Bau der 2. Tunnelröhren und Sanierung der alten Röhren steht nunmehr die doppelte Kapazität zur Verfügung. Die Autofahrerklubs und einige Medien setzen durch, dass nunmehr in den Tunnels für Pkw Tempo 100 erlaubt wird. Pkw-Verkehr wandert im Sommer von anderen Routen auf die Tauernautobahn zurück. DI Snizek schätzte im Jahr 2000, dass 8 bis 12 % Mehrverkehr durch Verlagerungen und durch neuinduzierten Verkehr entstehen werden. Es kommt auf der Autobahn aber auch in der Ortsdurchfahrt Eben weiterhin zu Staus an den bisherigen Stautagen, wenn auch anfangs in geringerem Umfang.

2010 Die Rückzahlung der Schulden, die die Asfinag für den Autobahnbau aufgenommen hat, beginnt und wird etwa 30-40 Jahre lang dauern. Die Asfinag hat für den Autobahnbau seit Jahrzehnten etwa 8 Mrd. Euro Schulden (Stand 2003) angehäuft (davon knapp eine Mrd. Euro aus dem Bau der Tauernautobahnscheitelstrecke) und hat bislang dafür jährlich nur die Zinsen bezahlt. Die Mauteinnahmen auf der Tauernautobahn reichten nicht einmal dafür, Betriebskosten und Zinsen zu bezahlen. Die Schulden selbst blieben 35 Jahre lang gleich hoch, abgesehen von der Geldentwertung.

2011

Die Bürgerinitiativen im steirischen Ennstal feiern 30 Jahre erfolgreichen Widerstand gegen den Bau der Transitschneise durchs Ennstal.

2012

Das statistische Zentralamt meldet, dass die Bevölkerung in den Anrainerorten der Scheitelstrecke seit 2002 um 10 % abgenommen hat (vgl. den Rückgang der Wahlberechtigten in Zederhaus von 917 auf 896 zwischen den Jahren 1999 und 2002, vgl. den Rückgang der Wohnungen in Zederhaus im letzten Jahrzehnt vor 2003).

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit zieht nach 3 Jahren Bilanz über die Unfallraten im Tauern- und Katschbergtunnel. Es stellt sich heraus, dass sich Studien aus früheren Jahren bestätigt haben und die Unfallraten in etwa gleich sind wie in den Jahren des Gegenverkehrs. Die wenigen Frontalzusammenstöße, die es früher gegeben hat, kommen zwar nicht mehr vor. Allerdings haben die anderen Unfalltypen zugenommen, weil im Tunnel durchschnittlich schneller gefahren wird als früher und weil mehr Verkehr ist.

Das Kyoto-Ziel (Treibhausgase um 8 % vermindern im Vergleich zu 1990) wird weit verfehlt.

2013

Für den vollen zweigleisigen Ausbau der Tauernbahn fehlt nur mehr der Abschnitt Bad Gastein, weil die dortigen Bürgerinitiativen eine kostspielige Variante um 400 Mio Euro fordern, bei der außerdem der Bahnhof als Kavernenbahnhof in den Berg hinein verlegt werden soll.

2014

Der Rechnungshof zieht nach 5 Jahren Vollbetrieb der zweiten Tunnelröhren finanzielle Bilanz: Er stellt fest, dass der Bau und Betrieb der 2. Tunnelröhren des Tauern- und Katschbergtunnels unwirtschaftlich, ja geradezu eine Verschwendung von Volksvermögen ist.

Er kritisiert, dass die ÖSAG vor dem Bau keine umfassende Wirtschaftlichkeitsrechnung erstellt bzw. sie zumindest nicht veröffentlicht hat. Die Baumehrkosten von Tauern- und Katschbergtunnel gegenüber Rettungsstollen betrugen 192 Mio Euro (253 Mio minus 61 Mio netto; Sicherheitsstollen hätten weniger als ein Viertel der Tunnelröhren gekostet). Seit 2009 fahren täglich durchschnittlich um 3.000 Kfz mehr als wenn die befahrbaren Parallelröhren nicht gebaut worden wären. Die Brutto-Mehreinnahmen durch die 3.000 Kfz sind jährlich geschätzt 2,5 Mio Euro (Preisbasis 2003). Wenn man die zusätzlichen Betriebskosten und Fahrbahnschäden abzieht (geschätzt 0,5 Mio Euro jährlich), bleiben 2 Mio Euro jährlich Nettomehrerlöse. Um 192 Mio Kapital zu tilgen, braucht man mit diesen Mehreinnahmen 100 Jahre. Natürlich sind die Zinsen hier noch nicht gerechnet, von den volkswirtschaftlichen Unfall- und Umweltschadenskosten ganz zu schweigen. Denn die durch den Tunnelbau provozierten 3.000 täglichen Mehr-Kfz verursachen viele zusätzliche Tote und Verletzte und hohe volkswirtschaftliche Unfall- und Unfallfolgekosten in Folge des Vollausbaus im Gesamtsystem der Verkehrsspinne. Die Autobahnmanager versichern, der Mehrverkehr durch den Bau der 2. Tunnelröhren werde im Jahr 2020 (laut der Prognose Snizek) 4200 Kfz pro Tag betragen, was die Erlössituation verbessern werde.

Wesentlich für die Einnahmensituation ist aber der Lkw-Verkehr, daher hat die Asfinag vor allem Interesse an steigendem Lkw-Verkehr. Auf Beschwerden der AnrainerInnen wird entgegnet, die teuren Schutzbauten, die diese seinerzeit gefordert haben, müssten eben durch viel Lkw-Verkehr refinanziert werden.

2016

40 Jahre Schadstoffeintrag durch die Tunnelabluft auf einen Teil des Einzugsgebietes der Marbachquellen im hintersten Flachautal beginnen sich auszuwirken. Die Schadstoffe im Trinkwasser nähern sich bedenklich den Grenzwerten. Viele Wasserkonsumenten bis nach St. Johann hinaus steigen auf Mineralwasser um. Die Mineralwasser-Lkw emittieren bei ihrer Fahrt in den Pongau weitere Schadstoffe.

2020

DI Snizek hat bei seiner Verkehrsprognose im Auftrag der ÖSAG im Jahr 2000 für das Jahr 2020 täglich 40.200 Kfz durch den Katschbergtunnel und werktäglich 9000 schwere Lkw auf der Scheitelstrecke errechnet. Für die Urlauberwochenenden wurden bis zu 79.400 Kfz pro 24 Stunden errechnet.

Bürgerinitiativen decken auf, dass durch den Verkehr auf der Tauernautobahn inzwischen mehr ZederhauserInnen umgekommen sind als durch den 2. Weltkrieg: Im 2. Weltkrieg gab es 44 Tote und Vermisste aus Zederhaus, durch den Autobahnverkehr von 1975 bis 2020 gab es 20 Krebstote und 20 vorzeitige Todesfälle durch Luftverschmutzung und Lärmstress mehr als in gleich großen Orten abseits einer Autobahn sowie 5 einheimische Verkehrsunfallopfer durch den von der Autobahn induzierten zusätzlichen Verkehr.

2025

Die privatisierte Nachfolgegesellschaft der Asfinag wurde mehrheitlich von einem amerikanisch – arabischen Konsortium erworben. Die Public Relations Abteilung dieser Aktiengesellschaft verkündet in New York, dass in etwa 5 Jahren (etwa 2030) die Halbzeit bei der Rückzahlung der Baukosten der Tauernautobahn erreicht ist.
Ein Blick so weit in die Zukunft ist schwierig. Es kann auch ganz anders kommen. Daher seien noch einige (einander ausschließende) Alternativszenarien skizziert:

2025

Die privatisierte Autobahngesellschaft hat errechnet, dass er ihr billiger kommt, die widerspenstigsten AnrainerInnen abzusiedeln (und ihnen anderswo neue Wohnungen zu schenken) als jede andere Handlungsweise.

2025

Auf Grund der steigenden Verkehrsmenge und des Immissionsgesetzes-Luft samt dahinterstehender EU-Richtlinien mussten Beschränkungen entwickelt werden. Die in der Schweiz 2003 ausgearbeitete Idee einer elektronischen Alpentransitbörse wird auch in Österreich umgesetzt. Je nach Belastungsgrenzen darf eine bestimmte Verkehrsmenge fließen, die Kontingente werden elektronisch versteigert, die Frächter weichen auf die billigeren Zeiten aus.

2025

Nach mehreren Bahnreformen spielt die aufgesplitterte Bahn fast keine Rolle mehr. Fast der ganze Güterverkehr spielt sich auf der Straße ab.

2025

Unter dem Druck der rapide sinkenden Erdölvorräte und daher steigenden Treibstoffpreise werden die Gütertransporte großteils auf der elektrischen Bahn abgewickelt. Es wurden zusätzliche Wind- und Wasserkraftwerke errichtet.

Die Wirtschaft reduziert die Transportweiten auf das Niveau der Jahre rund um 1965, was dem Wohlstand nicht schadet, denn dies waren die Jahre des sogenannten Nachkriegswirtschaftswunders in Westdeutschland.

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