10.9.2025 Mirco Dorico
A Mauthen per il futuro delle vallate della Gail e del But
In Mauthen für die Zukunft der Täler Gail und But

Inhaltsverzeichnis

  1. Es gibt nichts anderes als einen Tunnel!
  2. Das Komitee Pro Carnicum konstituiert sich
  3. Schaffung einer Informationsbasis

Jeder von uns kennt das Gefühl, betrogen zu werden, das die in den 90er und 2000er Jahren grassierenden Teleshopping-Sendungen hervorriefen. Egal ob es sich um Bürsten, Fitnessgeräte, Wunderdiäten oder Schmuck handelte, am lautesten schrillten die Alarmglocken nicht wegen der fragwürdigen Qualität oder dem vorgetäuschten Schnäppchenpreis des betreffenden Artikels, sondern wegen des ostentativen Behauptung, dass es daran rein gar nichts auszusetzen gäbe. Jedenfalls laut dem Verkäufer.

Wenn von einem möglichen Plöckentunnel die Rede ist, hat man genau das selbe Gefühl.

Das Problem dabei ist nicht, wie schön doch es wäre, wenn es ihn gäbe, und nicht einmal die exorbitanten Kosten. Es ist die totale politische und administrative Unehrlichkeit derer, die beschlossen haben, uns das Bauwerk um jeden Preis zu „verkaufen“, indem sie seine erwarteten und vermeintlichen Vorzüge hervorheben und alle möglichen kritischen Punkte ausklammern. Aber der Reihe nach.

In der Nacht vom 1. auf den 2. Dezember 2023 kam es zu einem gewaltigen Felssturz am Plöckenpass, der die Straße schwer beschädigte und blockierte. Das Ausmaß des Ereignisses war außergewöhnlich, und es passierte in einem Gebiet, das für solche Phänomene anfällig ist. Es war sofort klar, dass die Sicherung und Wiedereröffnung des Passes eine hoch komplexe Aufgabe sein würde, und man begann, über mögliche Alternativen für die Straßenverbindung nachzudenken.

Es gibt nichts anderes als einen Tunnel!

In dieser Debatte hat sich eine Option durchgesetzt, die seit Jahrzehnten immer wieder auftaucht: der Tunnel.

Eine scheinbar bequeme, schnelle und (vielleicht...) sichere Alternative, die jeder gerne akzeptieren würde und die von da an von zahlreichen Interessensgruppen und Politikern, allen voran dem Vizepräsidenten des Regionalrats, Stefano Mazzolini, vorangetrieben wurde.

Was folgte, war eine Flut von Erklärungen, Besuchen im Ministerium, Zurücknahmen von Aussagen, Forderungen, Ankündigungen und Unterredungen. Allen gemeinsam war ein nicht zu vernachlässigendes Detail: Nur von den Vorteilen war die Rede, Nachteile wurden nicht erwähnt.

Man hat es in Kauf genommen, mit dem dem eineinhalb Jahre dauerndem „nur über den Tunnel reden“ Aufmerksamkeit und Ressourcen von der sofortigen Wiedereröffnung des Streckenabschnitts abzulenken, der seit dem 30. Juli dieses Jahres ordnungsgemäß gesichert ist), und nun ist die Grundsatzentscheidung für einen 4,1 km langen Tunnel (kürzer und höher gelegen als die „ursprüngliche“ Version) Realität. Geschätzte Kosten 500.000.000 €, ein Jahr Zeit für die technische und wirtschaftliche Machbarkeitsanalyse.

Seither haben verschiedene regionale Organisationen und Akteure Skepsis und Ablehnung gegenüber diesem Projekt mit so vielen Fragezeichen geäußert, und sie haben damit begonnen, sich zu formieren. Menschen sowohl auf italienischer als auch auf österreichischer Seite haben Fragen aufgeworfen, die man in drei Hauptkategorien einteilen kann: Auswirkungen auf die Umwelt, Verkehrsmanagement, Sinn und Zweck des Unternehmens.

Das Komitee Pro Carnicum konstituiert sich

Am 21. September fand in Mauthen eine Fachtagung zu diesen Themen statt, und die Teilnehmer schlossen sich in der Folge zum Komitee Pro Carnicum zusammen.

Die ersten Bedenken wurden vom Geologen Hans-Peter Schönlaub, einem der führenden Experten für die Karnischen Alpen, vorgetragen: Er sieht im Felssturz selbst die wichtigsten Kritikpunkte am Tunnel. Im brüchigen Kalkstein des Gebirgskomplexes, der sich vom Kleinen Pal bis zum Coglians erstreckt, sowie den steilen, fast senkrecht verlaufenden Schichten kann eine im rechten Winkel dazu erfolgende Tunnelbohrung durchaus zu Setzungen und Verschiebungen der Gesteinsmassen führen.

Es folgte die wohl schwerwiegendste Analyse, jene von Maurizio Ponton zum Thema Wasser. Das Wassersystem des Gebirgskomplexes rund um den Pass speist die Quelle des Flusses But und den Fontanone in Timau und damit die wichtigste Wasserleitung der Region Carnia, die Tausende Menschen versorgt. Der Tunnel würde mitten durch die von Wasserläufen durchzogenen durchlässigen Schichten oberhalb beider Quellen verlaufen und unvorhersehbare Szenarien heraufbeschwören. Wollen wir dieses Risiko eingehen?

Der Beitrag von Gerard Unterweger war eine akribische Rekonstruktion aller Äußerungen aus den Bereichen Politik, Industrie und Tourismus, in denen mit der Idee eines Tunnels geliebäugelt wurde.

Absichtserklärungen, Zielformulierungen, strategische Festlegungen. Eine beeindruckende Anzahl von zitierten Aussagen – explizit oder zwischen den Zeilen zu lesen – die zwei ganz offensichtliche Aspekte beleuchten: Zunächst die Unglaubwürdigkeit des viel gepriesenen Ausschlusses von Schwerverkehr (man braucht uns nicht einzureden, dass keine Lkws durch einen Tunnel fahren werden, den z.B. die Confindustria wiederholt als „strategisch“ bezeichnet!).

Der zweite Aspekt ist die Übereinstimmung von regionalen, nationalen und übernationalen Einzelinteressen bezüglich der Eröffnung des Zweiges Triest-München im Rahmen des paneuropäischen Verkehrskorridors (der, um es klar zu sagen, vom Hafen von Triest über Mitteleuropa bis zur Ostsee führt). Wir sprechen von einem Projekt des vorigen Jahrhunderts, mit dem ein kolossalen Verkehrsaufkommen durch das Buttal und das Gailtal geführt werden soll, und dessen wichtigste Interessenträger ganz gewiss nicht in Alpen leben.

Die Kritikpunkte dieses Vorhabens, das die Carnia lediglich als Durchgangsstrecke sieht, liegen auf der Hand. Wie soll das Straßennetz diesen neuen starken Verkehr bewältigen, selbst wenn der Schwerverkehr ausgeschlossen wäre? Was wird zu den Stoßzeiten los sein an der Autobahnauffahrt Tolmezzo Nord, an der Kreuzung von Imponzo und Cadunea oder an der Brücke von Cedarchis, auf der Ortsdurchfahrt von Arta und dann entlang der gesamten Engstelle in Richtung Sutrio? Und schließlich auf dem Abschnitt von Cleulis bis zum Pass? Und wird nicht das selbe auf der anderen Seite der Grenze los sein, angefangen von der Ortsdurchfahrt Mauthen bis mitten ins Zentrum der Stadt Lienz?

Werden dann neue Straßen gebaut, die in einem begrenzten Raum die Dörfer abschneiden (siehe Val Canale), oder wird man zulassen, dass der Durchzugsverkehr sie unbewohnbar macht?

Arbeit für fundierte Information

Robert Unglaub hat dargelegt, dass diese Aspekte in offenem Widerspruch zur Alpenkonvention stehen, die von beiden Ländern unterzeichnet wurde, ganz abgesehen von den Zielen der Europäischen Agenda für 2030, die einen drastischen Rückgang des Straßenverkehrs vorsieht.

Schließlich widerlegte Elisabeth Kubin ein typisches Beispiel von „Cherry Picking” (im Sinne von „Rosinen herauspicken“, d.h. selektive Hervorhebung der Fakten, die das eigene Interesse stützen): In einem vor einigen Monaten erschienenen pseudowissenschaftlichen Artikel wurde der Tunnel als Garantie für CO2-Einsparungen dargestellt, weil – ganz banal – die Fahrzeuge ein paar Kilometer weniger zu fahren hätten. Alles logisch, wenn man bewusst die enormen Emissionen ignoriert, die während des Baus und des Betriebs freigesetzt würden.

All das sind komplexe Sachverhalte, die Pro Carnicum nach und nach veröffentlichen und detailliert erläutern wird. Allen gemeinsam ist der Anspruch der wissenschaftlichen Genauigkeit.

Keiner der Anwesenden ist gegen die Wiedereröffnung des Passes. Niemand ist gegen den Fortschritt, geschweige denn gegen Wohlstand in den eigenen Tälern. Alle waren gleichermaßen besorgt. Besorgt über eine eindimensionale Politik, die einfachen Konsens ohne fundierte Analysen sucht. Besorgt darüber, dass ihnen die Interessen anderer als ihre eigenen verkauft werden, zum Schaden der Berge. Das ist schon zu oft vorgekommen, darauf fällt man nicht mehr herein.

Im Klartext: Alle mögen einfache Antworten. Alle würden gern in nur ein paar Minuten nach Österreich gelangen. Aber ist das, was uns da vorgeschlagen wird, wirklich der richtige Weg? Ist es wirklich die Lösung für uns?

Mirco Dorigo
aus Caneva di Tolmezzo, ist Sozialarbeiter in einer Gemeinschaft, die sich um Menschen mit Behinderungen kümmert, seit seiner Jugend in Vereinsarbeit engagiert, mit besonderem Augenmerk auf Umweltfragen. Derzeit Vorstand des Gemeinderats von Caneva di Tolmezzo.