Wie man klammheimlich eine Schnellstraße baut.

Angesichts des undankbaren Volkes von Protestierern bedarf es zur Realisierung derartiger Projekte umsichtiger und jahrzehntelanger Strategien. Solcherart kommen die Schlaraffenland-artigen Zustände für unsere Bauimperien zwar später, dafür aber am Ende umso üppiger.

Da man offene Lobbyarbeit zu deren Gunsten schwer rechtfertigen kann, sorgt man dafür, dass das Volk selber nach dem Unheil ruft. 

An den Weichenhebeln unserer Eisenbahn tönt man von immer neuem „Rollmaterial“ und schließt gleichzeitig einen Bahnhof nach dem anderen. Provokante Unpünktlichkeiten der Züge verscheuchen die letzten willigen Bahnbenutzer. Dieselbe Strategie verhindert gleichzeitig die Verlagerung der Warentransporte auf die Schiene . Parallel dazu legt man die Latte für lokale Verkehrskonzepte hoch genug, um von einer angeblichen Nichtakzeptanz derselben durch die Bevölkerung reden zu können. Selbstverständlich bleiben die öffentlichen Busse ebenfalls in den gewollten Staus stecken.

Als erste Etappen werden die Umfahrungen von Mühlbach und Welsberg in Angriff genommen. Zwar zieht man verantwortungsbewusste Bürger und Arbeitsgemeinschaften in die entsprechenden Planungen mit ein, lässt ein bisschen protestieren und wundert sich schließlich jeweils mit Bedauern, dass die Realität die angeblichen Bauabsichten an Gigantomanie bei weitem übertrifft.

Gleichzeitig spricht man in regelmäßigen Abständen und mit wechselnder Besetzung von der drohenden Alemagna-Autobahn . Es könnte schließlich alles auch noch viel schlimmer kommen - es sei denn wir tun selber etwas zur Entschärfung der Situation!

Da dem Landeshauptmann die Pfiffe von Toblach vermutlich noch in den Ohren hallen und nicht damit zu rechnen ist, dass die Pusterer in der Zwischenzeit wesentlich dümmer geworden sind, müssen selbsternannte Verkehrsexperten wie Herr Dr. Pircher & Co. beim Schnellstraßen-Vorstoß als Versuchskaninchen und Blitzableiter fungieren. Man palavert irgendwas von Just-in-time-Notwendigkeiten, autobahnabhängiger Lokalwirtschaft, rebellierenden Sexten-Urlaubern, vom drohenden Absturz unserer sozialen Standards und davon, dass nur ein fließender Verkehr für weniger Emissionen sorgen kann. Moderate Alternativen tut man als Flickwerk ab. Selbstredend wird die neue Schnellstraße so umweltschonend wie möglich realisiert!

In der öffentlichen Diskussion, die dadurch in Gang kommt, kann jedoch keines der vorgebrachten Argumente überzeugen. Herrr Pircher muss zur Kenntnis nehmen, dass er und seine Hintermänner die Rechnung ohne den Wirt gemacht haben - nämlich die Bevölkerung des Pustertales, die mehrheitlich auf kleinräumige Alternativen setzt.

Das stört die Betonierer aber nicht im Geringsten: Man wischt die inzwischen massenweise eingegangenen negativen Stellungnahmen, inklusive SVP-Resolutionen, Fernsehdiskussionen, Leserbriefe usw. einfach vom Tisch und gibt mittels Bezirksleitungsbeschluss eine Machbarkeitsstudie für eine Schnellstraße in Auftrag; angeblich braucht man eine Diskussionsgrundlage! Hätten wir nicht via E-mail viele Bürger über diese Aktion informiert, wüsste heute noch kaum jemand etwas von diesem folgenschweren Beschluss. Man würde in Ruhe planen und die ahnungslosen Bürger kurz vor Baubeginn vor vollendete Tatsachen stellen- alles wie gehabt; Demokratieverständnis in Südtirol! Die Dolomiten widmen diesem Pusterer Schicksalsthema gut versteckt im Jahresrückblick (31.12.01) einige Zeilen, sodass niemand sagen kann, die Öffentlichkeit wäre nicht informiert worden!

In kurzen Worten: Die Stimmen der Leute werden nur bei den Wahlen gebraucht und stellen für die Gewählten Blanko-Schecks dar. Die gewichtige Klientel kann so -  von keiner kritischen Öffentlichkeit bemerkt oder gar belästigt - ungestört bedient werden.

Walter Harpf. Aktuelles / Termine