Arbeitsgemeinschaft Stop Transit Aktuelles / Termine
(Bereich Kärnten, Ost- und Südtirol)
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Eröffnung der Nordumfahrung Abfaltersbach:

"Die trügerische Ruhe vor dem (Transit-)Sturm"

Der 2. Dezember 2000, der Tag der offiziellen Eröffnung der Nordumfahrung Abfaltersbach, ist ein - im wahrsten Sinne des Wortes - rabenschwarzer Tag für das Pustertal, für Osttirol insgesamt, für das Obere Drautal und für den Pinzgau.

Eines der letzten wirksamen Transithindernisse im Osttiroler Pustertal, die Steigung im Ortsteil Geselhaus und der dortige schmale Bahndurchlass ("ausbauwürdigste Stelle" laut Aussage der Planer) sollte ausgeschaltet werden, um die Strecke das ganze Jahr über für LKW und damit für den Transit unbehindert befahrbar zu machen.

Noch ungenierter begründete die Tiroler Landesbaudirektion 1992 in einem Schreiben an das Wirtschaftsministerium den Bau der Umfahrung als Teilprojekt einer Transitstrecke:

"Die Drautalfurche stellt schon aus topographischen Gründen die erste, wichtigste Ost-West-Verbindung südlich des Alpenhauptkammes dar, sodass ein Ausbau nach o.a. Grundsätzen (Beseitigung von Leistungsengpässen etc.) vordringlich ist". Der Bevölkerung dagegen versuchte man das Projekt unter dem Vorwand "Entlastung vom bestehenden Durchzugsverkehr" unterzujubeln.

Die politisch Verantwortlichen, nicht zuletzt der ehemalige Naturschutzreferent der Landesregierung, dessen Wahlspruch lautet "Im Zweifel für die Wirtschaft" (d.h. gegen den Naturschutz) wischten sämtliche negativen naturschutzfachlichen Gutachten der eigenen Ämter vom Tisch und genehmigten mit einer haarsträubenden und fadenscheinigen Begründung das Transitprojekt.

Das Projekt wurde nicht gestoppt, obwohl absehbar war, dass die ursprünglich veranschlagten Baukosten weit überschritten würden. Das Projekt "schreit" geradezu nach einer Überprüfung durch den Rechnungshof.

Die Versprechungen, dass dieses Projekt vielen Osttirolern während des Baus Arbeit geben würde, lösten sich in nichts auf. Wie von den Bürgerinitiativen vorausgesagt, schnappten erwartungsgemäß auswärtige Firmen der Bauindustrie, die ihre eigenen Arbeiter von auswärts mitbrachten, den Osttiroler Firmen die Aufträge weg. Für letztere blieben nur wenige Brosamen übrig.

Das Projekt wurde nach den Ausbaustandards für Europastraßen (E 66) gebaut, laut Abkommenstext AGR 1975 "Hauptstraßen des internationalen Verkehrs". Obwohl Österreich dieses AGR-Abkommen nie genehmigt hat, baut die Bundestraßen-verwaltung die Straße im Drau- und Pustertal durchgängig Europastraßen-gerecht aus.

Ungarn hat sich 1998 mit dem Hinweis, dass es diese Strecke für den Transit nach Norditalien benötige, gegen die Streichung der E 66 ausgesprochen. Die österreichischen Stellen bauen mit Steuergeldern der Österreicher diese Strecke als Transitstrecke für die Ungarn aus.

In der "Rola"-Studie des Verkehrsministeriums wird ausdrücklich davor gewarnt, dass durch den geplanten Ausbau der Straße im Drau- und Pustertal die Strecke für den Transitverkehr attraktiver werde, dass sogar Transitverkehr von den nächstgelegenen Transitstraßen angezogen werden könne, weil der bestehende Zeitnachteil der Strecke durch die Ausbauten immer mehr abgebaut werde. Das kommende Road-Pricing, die kilometer-abhängige Maut auf den österreichischen Autobahnen, würde den Trend zum Ausweichen auf eine gutausgebaute Bundesstraße im Drau- und Pustertal weiter verstärken.

Die Forderung der Bürgerinitiativen, vor Baubeginn eine Verkehrssicherheitsstudie zu erstellen, um zu überprüfen, ob die Umfahrung - wie versprochen - tatsächlich zu mehr Sicherheit führen würde, wurde von den Verantwortlichen geflissentlich überhört; dies, obwohl laut einer Studie der TU Dortmund nach dem Bau von Ortsumfahrungen vor allem die Zahl der schweren Unfälle stark zunimmt (Abbiegeunfälle etc.).

Die Bundesstraßenverwaltung gibt in der Begründung für das Anschlussprojekt "Unterführung Thurnbrücke" sogar offen zu, dass sich die Unfallgefahr nach Inbetriebnahme der Umfahrung Abfaltersbach am Westende verschärfen würde. Die Umfahrung weist etliche unfallfördernde Merkmale auf, darunter vor allem schnell befahrbare langgezogene Kurven mit Gefälle.

Bezeichnenderweise hat die neue Umfahrung bereits während des Baus einen längeren Stillstand der Bahn und die Vermurung darunterliegender Häuser verursacht, äußerst schlechte Omen für die Zukunft.

Die derzeitige Ruhe an der alten Straße in Abfaltersbach ist nur die Ruhe vor dem (Transit-)Sturm, der immer stärker durch das Tal fegen wird, je mehr - wie geplant -von den verbleibenden Transithindernissen im Pustertal ausgeschaltet werden (Ortsdurchfahrten von Lienz, Mittewald, Sillian sowie der Orte im Oberen Drautal sowie im Südtiroler Pustertal).

Es scheint, dass es vielen politisch und Straßenbau-Verantwortlichen trotz gegenteiliger Behauptungen völlig egal ist, dass sie mit dem weiteren Ausbau der Straßen den Autoverkehr weiter anheizen und damit Umwelt, Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung im Drau- und Pustertal gefährden (z.B. durch krebsverursachende Feinstäube aus Dieselmotoren). Sie nehmen durch weiteren Straßenausbau auch in Kauf, dass der vor allem für die Alpen und deren Bewohner gefährliche Treibhaus-Effekt durch steigende Kohlendioxid-Emissionen der Verkehrslawinen immer deutlicher und häufiger spürbar wird.

Mit freundlichen Grüßen
Arge Stop TransitLienz, 30. Nov. 2000
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