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Stellungnahme, 4.2.2005

20.3.2005: Volksbefragung zur Verkehrszukunft im Pustertal

Stellungnahme des Promotorenkomitees für die selbstverwaltete Volksbefragung in Erwiderung auf die Kritik aus den Reihen der Pustertaler SVP

Das Promotorenkomitee für die selbstverwaltete Volksbefragung zur Verkehrszukunft im Pustertal ist im vergangenen Herbst mit annähernd 3000 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern von elf Gemeinden des Pustertales darin bestätigt worden, eine Volksbefragung über die Ausrichtung der zukünftigen Verkehrspolitik im Pustertal durchzuführen. Das sind fast 10 % der Wahlberechtigten – in der Regel genügt eine Zustimmung von 2%. Damit steht es uns nicht mehr zu, darüber zu entscheiden, ob und über welche Frage die Abstimmung durchgeführt werden soll. Auf die Durchführung einer Volksbefragung könnte nur dann verzichtet werden, wenn deren Zweck vorher erfüllt würde. Der Zweck der Befragung liegt aber nicht in der Durchsetzung einer Position, sondern darin, dass den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben wird, die Richtung der künftigen Verkehrspolitik vorzugeben.

Jeder demokratisch gesinnte Mensch wird es zu schätzen wissen, wenn sich die Bürger selbst eines der drängendsten Probleme des Tales annehmen und dazu einen Meinungsbildungsprozeß in Gang setzen. Wenn sie dafür einen so großen Arbeitsaufwand auf sich nehmen, weil es der Landtag bisher versäumt hat, ein den Bürgern seit Jahren zustehendes Recht gesetzlich anwendbar zu machen, so setzt das die Promotoren ins Recht, von den Institutionen darin unterstützt zu werden. Wir erinnern daran, dass der Verfassungsartikel 118 die Institutionen zur Hilfestellung und Zusammenarbeit mit den Bürgern verpflichtet, wenn diese einen Zweck von allgemeinem Interesse verfolgen. Dieser Verpflichtung sind die meisten der interessierten Gemeinden bisher auch durchaus nachgekommen.

Gegenstand der Volksbefragung sind vier verschiedene Möglichkeiten, das Verkehrsproblem im Pustertaler Haupttal anzugehen. Die vier Vorschläge sind genau beschrieben und werden in der Abstimmungsbroschüre detailliert erläutert, so dass man aus dem Abstimmungsergebnis klar wird ablesen können, welche Verkehrspolitik die Bürgerinnen und Bürger von der Landesverwaltung verlangen.

Die von Kritikern dieser Volksbefragung vermisste Wahlmöglichkeit, Straße und Schiene "gleichrangig" auszubauen, gibt es in Wirklichkeit nicht. Würden Straße und Schiene gleichermaßen ausgebaut, liefe das aufgrund der heutigen Rahmenbedingungen auf eine eindeutige Bevorzugung des Autoverkehrs hinaus. Um die öffentlichen Verkehrsmittel wirklich konkurrenzfähig zu machen, ist es zunächst notwendig, die jahrzehntelange Bevorzugung des Autos bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Bahn auszugleichen, indem massiv in den öffentlichen Verkehr investiert wird und gleichzeitig alle Maßnahmen unterlassen werden, die den motorisierten Individualverkehr weiter fördern.

Die Volksbefragung ist aus gutem Grund auf die elf Gemeinden des Haupttales (Mühlbach, Vintl, Kiens, St. Lorenzen, Bruneck, Percha, Olang, Welsberg, Niederdorf, Toblach und Innichen) begrenzt worden. Im Unterschied zu den anderen Gemeinden des Pustertales sind nur diese zugleich Hauptnutzer und Hauptbetroffene der entscheidenden Verkehrsinfrastrukturen (Straße und Bahn), bei denen auch die Verkehrspolitik der Landesverwaltung ansetzt.

Der Gesetzentwurf der Initiative für mehr Demokratie, dessen Verfahrensregeln die Promotoren anwenden, sieht allerdings die Möglichkeit vor, dass sich auch weitere Gemeinden an einer übergemeindlichen Volksbefragung beteiligen können, sofern in diesen Gemeinden die nötige Zahl an Unterstützungsunterschriften (2% der Wahlberechtigten) gesammelt wird. Die Inititative dazu hätte dabei allerdings von diesen Gemeinden ausgehen müssen.

Was die Kritik zum Zeitpunkt der Abstimmung betrifft, ist festzuhalten, dass der Termin für die Volksbefragung schon lange vor Bekanntwerden des Termins für die Gemeinderatswahlen festgelegt worden ist. Die zeitliche Nähe der Volksbefragung zu den Gemeinderatswahlen scheint den Promotoren nicht problematisch, weil der Gegenstand der Volksbefragung nicht in der Zuständigkeit der neu zu wählenden Gemeindeverwaltungen liegt, sondern bei der Landesverwaltung.

Die Dringlichkeit einer Volksbefragung ist durch die Haltung der Landesregierung erst im vergangenen Jahr deutlich geworden. Die ursprünglich schon für den vergangenen Herbst geplante Abstimmung konnte aufgrund des organisatorischen Aufwandes bis dahin leider nicht durchgeführt werden. Mit einer weiteren Verzögerung über die Gemeinderatswahlen hinaus hätte jedoch die Gefahr bestanden, dass die Bevölkerung inzwischen vor vollendete Tatsachen gestellt wird, da die Planungsarbeiten für den Straßenausbau auf Hochtouren laufen.

Es steht jedem frei, die Volksbefragung und den Ausgang der Abstimmung zu bewerten, wie es ihm angemessen erscheint. Sie ist als solche nicht verbindlich. Ob es sich aber vom Volk gewählte Vertreter, aus welchen Gründen auch immer, leisten können, einen Mehrheitswillen frei zur Abstimmung schreitender Bürger zu ignorieren, müssen sie selbst an der Tatsache messen, dass es dieselben Bürgerinnen und Bürger sind, von denen sie ihren Verwaltungsauftrag erhalten.

Die Volksbefragung wird, wie seit Monaten geplant, am 20. März in den genannten elf Gemeinden stattfinden. Bis dahin hat man mit der praktizierten Verkehrspolitik unüberprüfbar den Anspruch erheben können, im Sinne einer Mehrheit in der Bevölkerung zu handeln. Ab diesem Zeitpunkt wird man hingegen klar feststellen können, ob damit der politische Wille der Bürgerinnen und Bürger geachtet oder übergangen wird.

Für das Promotorenkomittee
Stephan Lausch, Hans Peter Niederkofler


Zu den Referendum - Vorschlägen von BM Christian Tschurtschenthaler, OM Dieter Schramm und LH Durnwalder

Es geht beim Verkehrs-Referendum nicht gegen die SVP oder gegen Interessenverbände, wie häufig unterstellt wird, sondern gegen die Beteiligung der Landesregierung am stückweisen Ausbau der Pustertaler Straße zur neuen Transitstrecke E66, den wir leider überall zwischen Franzensfeste und Budapest/Kiew feststellen müssen.

Würde nach den Gemeinderatswahlen abgestimmt, wie von der SVP vorgeschlagen, hätte das zur Folge, dass ein von Diskussionen über existentielle Risiken einer möglicherweise falschen Verkehrspolitik unbeeinflusster Wahlausgang die Rechtfertigung liefert, die drohenden Projekte anschließend um so entschiedener weiterzubetreiben.

Zum Vorschlag einer Abstimmung im „gesamten Pustertal“: Gefragt werden können natürlich nur die Hauptbetroffenen an der Durchzugsstrecke. Die Freiheit der Sextner, Gader- und Ahrntaler oder etwa auch der Kronplatz-AG hört dort auf, wo die Schädigung anderer beginnt! Schließlich fragt man wegen der Alemagna auch nicht die Norditaliener und die Bayern! Wennschon müssten die Bewohner entlang der Südtiroler Hauptverkehrsachse mitentscheiden, die von dieser neuen Ost-West-Verkehrsflut via E66 ebenso betroffen wären!

Im Übrigen sollte nicht unterschlagen werden, dass wir bereits jetzt über eine Straße verfügen, die Europastraßenkriterien mehr als erfüllt! Zur „ordentlichen“ Transitstrecke fehlen nur noch die nirgends vorgeschriebenen 250 m – Kurvenradien und entsprechende Maximal-Steigungen, um auch den Sattelschlepperflotten „zeitgemäßes“ Vorwärtskommen durch unser Tal zu bieten! Für den Eigenbedarf reicht unsere Straße und über die Notwendigkeit KURZER Ortsumfahrungen und der Entschärfung von Gefahrenstellen

braucht nicht mehr diskutiert zu werden, da Einigkeit herrscht.

Die bestehenden Straßenausbauprojekte werden bei diesem Referendum als Teil einer der Optionen (2a) sehr wohl zur Abstimmung gebracht, wie vom Landeshauptmann gewünscht. Allerdings werden sie auch unserem Alternativ-Konzept (1a) gegenübergestellt, das einen gemäßigteren Straßenausbau - mit Maut und Nachtfahrverbot für den Transit-Schwerverkehr - sowie einen gleichzeitigen, zeitgemäßen und landesweiten Schnellbahnausbau beinhalten; vorzugsweise zwischen Osttirol und Vinschgau!

Walter Harpf, Bruneck, 020205

Stellungnahmen zum Interview mit Franz Pircher Aktuelles / Termine