Weltladen Lienz Gut und billig essen - und wer bezahlt die Rechnung? Aktuelles / Termine
Einladung Bücherei Lienz, Muchargasse 4
Di 30.4.2002
19:00
Lesung: Eine andere Welt ist nötig
zur Autorin Die 1948 in Südafrika geborene Lindsey Collen gilt derzeit als eine der begabtesten Autorinnen des Südens. Sie engagierte sich in der Anti-Apartheid-Bewegung, studierte Jura und Literaturwissenschaften in Südafrika und Wirtschaft an der "London School of Economics". Seit 1974 hat sie ihren Wohnsitz auf Mauritius und ist mit einem Arzt und Gewerkschaftsführer verheiratet. Dort ist die Schriftstellerin, politische Kommentatorin und Hochschuldozentin auch bekannt als Kämpferin für die Rechte der Frauen und gegen das AnalphabetInnentum. Drei ihrer fünf Romane sind bereits auf Deutsch erschienen (Die Wellen von Mauritius, Lebenstanz, Sita und die Gewalt). Ihr Roman "Sita und die Gewalt" wurde 1994 mit dem Commonwealth Writers Prize for Africa für den besten Roman Afrikas ausgezeichnet. Auf Mauritius wurde dieser Roman, in dem die Vergewaltigung einer jungen Frau aufgearbeitet wird, jedoch verboten mit der Begründung, dass er "eine Ungeheuerlichkeit gegen die öffentliche und religiöse Moral" darstelle. Die der Blasphemie beschuldigte Lindsey Collen wurde von Hindu-Fundamentalisten physisch und psychisch bedroht: Die Hindu-Göttin Sita, Sinnbild für die unangreifbare Würde der Frau, werde entehrt.
zu Mauritius

Die aus zahlreichen Inseln bestehende Republik Mauritius hat 1,2 Millionen EinwohnerInnen. Die Hauptstadt Port Lois liegt auf der Hauptinsel Mauritius. Der Grundschulbesuch ist kostenlos, die Volkschule verpflichtend. Dass allerdings Kreolisch aus dem Bildungswesen verbannt wurde, stellt bereits in der Volkschule für viele ein unüberwindbares Hindernis dar. Die AnalphabetInnenrate liegt daher auch bei 40%.

Die vier größten Wirtschaftssektoren des Landes sind der Zuckerrohr-Anbau, der ständig ansteigende Tourismus (ca. 600.000 Personen/Jahr), die Freien Produktionszonen (ca. 80.000 Personen, größtenteils Frauen sind dort beschäftigt) und der stark zunehmende Datenverarbeitungs-, Computer- und IT-Sektor.

Der Lebenstandard auf Mauritius ist verglichen mit Nachbarstaaten nicht allzu niedrig, da es erstens bis 2001 ein Jahrzehnt lang kaum Arbeitslose gab. Zweitens war der Widerstand gegen die Strukturanpassungsprogramme der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds auf Mauritius so stark, dass bisher die Gesundheitsversorgung und die Grundschule kostenlos sind, die Grundnahrungsmittel gefördert werden und alle Menschen ab 60 generell Anspruch auf Pension haben. Um Überleben zu können, braucht eine Familie allerdings trotzdem mehrere Einkommen.
zu den Freihandelszonen

Die Arbeitsbedingungen in den Freien Produktionszonen von Mauritius sind identisch mit jenen der anderen weltweiten Freien Produktionszonen: anstrengende, ermüdende Akkordarbeit, Arbeitsstunden von 7.00 bis 23.00 Uhr für sechs bis sieben Tage die Woche. Die Arbeitspausen betragen 30 min zweimal am Tag. Aufgrund der unerträglichen Arbeitsbedingungen kommt es regelmäßig zu Massenhysterien.

Auslöser für den jüngsten Protest von 1.500 ArbeiterInnen war der Tod von zwei jungen Chinesinnen, die dem übergroßen Leistungsdruck und den unzumutbaren Überstunden nicht gewachsen waren. Ca. 5000 chinesische Arbeiterinnen arbeiten derzeit auf Mauritius. Ihre auswegslose Situation (keine Verdienstmöglichkeiten und unleistbare Miet- und Schulgebühren in China) zwingt sie, zu jeder Bedingung auf Mauritius zu arbeiten. Damit wird der nationale Arbeitsstandard (45 Wochenstunden mit 10 verpflichtenden Überstunden) zusätzlich gedrückt. Die Chinesinnen erhalten einen Drei-Jahres-Vertrag, allerdings geht das Gehalt des ersten Jahres an das Unternehmen, "dafür, dass die Frau den Vertrag überhaupt erhalten hat".

Der Basislohn beträgt ca. 60 US-Dollar/Monat, der durch Überstunden erhöht werden kann. Im Vergleich dazu kostet die Parkgebühr für ein Auto in der Hauptstadt Port Lois 120 US-Dollar/Monat.

Obwohl es auf Mauritius neun Gewerkschaftsföderationen gibt, liegt die Gewerkschaftsorganisation in den Freien Produktionszonen unter 10%. Gewerkschaftliche Organisation war viele Jahre illegal, nun ist sie zwar legal auf dem Papier, wird aber von den Unternehmensleitungen unterbunden, indem Arbeiterinnen bei ihrer Neueinstellung ein Papier unterzeichnen müssen, in dem sie sich verpflichten, keiner Gewerkschaft beizutreten. ArbeiterInnen, die es wagen, sich trotzdem zu organisieren, werden physisch und psychisch unter Druck gesetzt und oft gekündigt.

Es gibt so gut wie keine Transparenz, für wen die ArbeiterInnen die tausenden T-Shirts oder Jeans tagtäglich produzieren, da die großen Trade-Marken keine eigenen Fabriken auf Mauritius haben. Sicher ist aber, dass viele der großen Marken bei verschiedenen kleinen Zulieferbetrieben der Insel billigst einkaufen. So lassen z.B. in Österreich bekannte Marken wie GAP, Tomy Hilfinger oder Woolworth – laut Aussagen von Arbeiterinnen der Freien Produktionszone – bei zwei bis drei Fabriken auf Mauritius produzieren.

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