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Transitforum : Außerordentliche Generalversammlung

26. Oktober 2000, 10.00 Uhr, Bergisel

Grundsatzpapier

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

zunächst danken wir Ihnen vom Vorstand sehr herzlich dafür, dass Sie trotz der sehr kurzfristigen Einladung unserem Ruf gefolgt sind und sich für diese außerordentliche Generalversammlung die notwendige Zeit genommen haben.

Grund für diese Versammlung heute ist die Veränderung der Rahmenbedingungen, die vor allem durch den klaren Vertragsbruch der EG in Bezug auf die Ökopunkteregelung durchgeführt wurde.

Diese Situation ist auch für uns völlig neu: Wer hätte je geglaubt, dass der Grundsatz von "Treu und Glauben" nichts mehr wert ist, wer hätte je geglaubt, dass die EG nicht einmal den Beitrittsvertrag einhält?

Das sind die entscheidenden Fragen und wir müssen deshalb unsere bisherige Arbeit – die immer darauf abgestellt war, "festgeschriebene Rechte" unserer Menschen durchzusetzen – hinterfragen und, falls notwendig, mit neuen Strategien auf diese eklatante Verletzung der Bürgerrechte antworten. Darum geht es heute vorrangig – die Zeit der Träumer ist vorbei. Die EG steht seit dem Rechtsbruch außerhalb des "Rechtsbogens" – die Autobahn ist tatsächlich zum rechtlosen Raum verkommen, wie ich schon mehrfach betont habe.

"Rechte", "Verträge", "Vereinbarungen" –

was bleibt in der "Realpolitik"

von diesen "Bürgerrechten"?

Am Beispiel Inntal- Brenner-Route – A 12 + A 13

VERSPROCHEN

GEHALTEN

60 % -ige Schadstoff reduktion des Lkw-Transit im Inntal und Wipptal ( 1991 – 2003 )

18 % -ige Schadstoff zunahme des Lkw-Transit im Inntal und Wipptal ( 1991 – 2000 )

Mengenmäßige Beschränkung auf Basis 1991: 0,850 Millionen Lkw-Transit-Fahrten

Mengenmäßige Zunahme bis zum Jahr 1999: 1,500 Millionen Lkw-Transitfahrten = + 75 % !

"Verlagerung auf die Schiene"

Seit 1991 kein einziger Lkw von der Straße auf die "goldenen Schienen" verlagert!

40 Tonnen-Limit für Lkw

45 Tonnen – freie Fahrt!

"Kostenwahrheit" Straße

Straße billiger denn je!

Ausbruch.

Wir müssen schleunigst aus diesen "Rechts-, Vertrags- und Vereinbarungsfallen" ausbrechen. Weil wir aus den Erfahrungen der letzten Jahre die politische Strategie deutlich erkennen können:

Ununterbrochen werden Bevölkerung, Wähler, Journalisten u. a. mit politischen Ablenkungsmanövern – Verträgen und Vereinbarungen – beschäftigt und abgelenkt. Werden Landtage, Parlamente, Bürgerinitiativen, Sozialpartner u. a. über Jahre beschäftigt und mit Arbeit und "Papier" eingedeckt.

Und in all dieser Zeit passiert nichts außer dass halt der Verkehr steigt. Denn diejenigen, die rücksichtslos durch die Alpen brausen wollen, beschäftigen sich nicht mit "Rechten, Verträgen oder Vereinbarungen". Sie fahren rücksichtslos – denn das internationale Transportgewerbe ist Teil der Organisierten Kriminalität.

 

Politische Evaluierung / Überprüfung und Jahresbilanz.

Während Klein- und Mittelbetriebe hunderttausende Schillinge in die Evaluierung und Überprüfung ihrer Sicherheitsstandards stecken, damit der Schutz ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ständig verbessert wird, wird die politische Tätigkeit nicht evaluiert und überprüft. Warum eigentlich nicht? Was spricht dagegen, wenn auch wir ständig evaluieren und überprüfen, was aus "Rechten, Verträgen und Vereinbarungen" geworden ist bzw. wird?

Was spricht dagegen, wenn wir politische Jahresbilanzen einfordern und zusätzlich – sicherheitshalber – selbst erstellen?

Wer hat was versprochen und wie wurde es umgesetzt? Oder, wer hat was und wie verhindert?

Daraus sind dann Konsequenzen zu ziehen, Schwarze Listen anzufertigen und die Täter Rechts- und Vertragsbrecher – zu nennen. In dieser schnelllebigen Zeit genügt das "Korrektiv" durch Wahlen, die im 5-Jahres Rhythmus zelebriert werden, längst nicht mehr. Auch in der Wirtschaft muss mit Monats-, Halbjahres- und Jahresbilanzen gearbeitet werden. Dies scheint mir vor allem für eine "Politik der leeren Versprechen" hinkünftig unabdingbar, um den Druck zu erhöhen.

Mit den eigenen Waffen schlagen.

Ein weiterer Schwerpunkt wird wohl sein müssen, dass wir uns stärker in die

"tatsächlichen Ursachen der dauernden Verbilligung des Straßengütertransitverkehrs" einarbeiten. Es ist schön und recht, wenn über Sozialtarife bei Maut und Straßenbenützungsabgabe diskutiert wird. Die echten "Kostensenker" - die den Lkw-Transit explodieren lassen - sind aber die betrügerischen Machenschaften, die im internationalen Transportgewerbe schon als "wohlerworbene Rechte etabliert" sind.

Nur zwei Beispiele:

Diese Bereiche sind also unverzüglich zu regeln; genauso wie die derzeitige Handhabung des 40-Tonnen-Limits oder die Ausnahmeregelungen vom bestehenden Sonn- und Feiertagsfahrverbot.

Das alles passiert in einer Zeit, in der angeblich das "Budget saniert" werden soll (natürlich kann und muss darüber geredet werden):

Besteuerung von Unfallrenten,

Schließung von Nebenbahnen,

Streichung von Schülerfreifahrten,

Einführung von Studiengebühren,

Kürzung von Arbeitslosengeldern

Satte Gebührenerhöhungen,

Vignettenverdoppelung,

Spitalsselbstbehalte etc..

Gleichzeitig aber schaut man tatenlos zu, wie der Lkw-Transit über den Brenner vom Steuerzahler massiv subventioniert wird – allein mit 2 Milliarden verschenkter Straßenbenützungsabgaben pro Jahr. Man ist zu feige oder zu dumm, das Geld von der Straße aufzuheben.

Wir müssen also unsere

Widerstandsaktionen neu definieren denn nur auf die Umsetzung der Verträge durch Vertragsbrecher zu warten, hilft uns nicht weiter. Genauso müssen wir uns mit den politischen Entscheidungsträgern wesentlich härter auseinandersetzen denn sie sind es, die es zulassen, dass Rechte, Verträge und Vereinbarungen, die sie selbst geschlossen haben, gebrochen oder nicht umgesetzt werden. Darum geht es.

Zusammenfassung und Vorschläge.

Wenn ich jetzt versuche, diese Einleitung auf den Punkt zu bringen, dann möchte ich vorschlagen:

Leisten wir Widerstand und suchen wir uns in Zukunft alles das heraus, was uns dem gemeinsamen Ziel tatsächlich näher bringt:

Bevor wir, sehr geehrte Damen und Herren, in die Diskussion eintreten, möchte ich nur noch erinnern:

Zu unserem Widerstand gibt es keine Alternative – denn die Alternative ist die Flucht aus den Tälern. Die einen früher, die anderen später. Deshalb meine Bitte an Sie: Rücken wir noch mehr als bisher zusammen und kämpfen wir. Unsere Heimat ist es wert – es ist die Zukunft unserer Kinder.

Wer aufgibt, hört auf zu leben!

Ihr Fritz Gurgiser, Obmann

Einstimmig angenommen am 26.10.2000 (weit über 100 Teilnehmer!)

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