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Die Fakten.
Innsbruck, 25. Juni 2001

Transitverkehr - Ökopunktereduktion 2001
Klage gegen Kommission wegen Untätigkeit mit Einstweiliger Verfügung

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Frau Vizekanzlerin,
sehr geehrte Damen und Herren Regierungsmitglieder!

Wie Ihnen bekannt ist, wurde im Jahr 2000 die Zahl der Lkw-Transitfahrten durch das Staatsgebiet der Republik Österreich um 13,80 % überschritten (Basiszahl lt. Protokoll Nr. 9 im Beitrittsvertrag 1.490.900; tatsächliche Fahrten 1.696.754)

Aufgrund der Überschreitung im Jahr 1999 (14,45 %) musste die Republik Österreich im Vorjahr bereits Klage beim Europäischen Gerichtshof wegen Verletzung des Protokoll Nr. 9 Art. 11 Absatz 2 lit. c führen - die Kommission hat die vertraglich fixierte Reduktion der Ökopunkte im Jahr 2000 nicht ordnungsgemäß durchgeführt - und hat der EuGH am 23. Februar 2001 festgestellt, dass der Republik Österreich dadurch unumkehrbarer Schaden zugefügt wurde". Daraus folgt, dass wegen der Überschreitung der Lkw-Transitfahrten auch im Jahr 2000 um 13,80 % die Ökopunkte im Jahr 2001 reduziert werden müssen.

Nun versucht die Kommission wiederum, die auch vom EuGH verlangte Reduktion der Ökopunkte für das Jahr 2001 durch immer neue Berechnungen und durch In-Frage- Stellen der Korrektheit der Ökopunktestatistik zu umgehen. Ob Brüsseler Transitspezialisten in diesem Zusammenhang das Rechnen neu erfinden" wollen, wurde uns nicht näher überliefert. Ein interessanter Aspekt in dieser Situation, denn nicht die Vertragserfüllung, sondern die Vertragsumgehung steht im Vordergrund bereits monatelanger Bemühungen" von Kommissionsbediensteten, die sich gegenüber den Mitgliedstaaten sonst gerne als Hüter der Verträge" bezeichnen.

Ein untragbarer, verwerflicher und grob rechtsferner Akt gegen die Bevölkerung im alpinen Lebensraum ebenso wie im Umgang mit bestehenden Rechten und Pflichten, der strikt zurückgewiesen und korrigiert werden muss.

Vor allem deshalb, weil weder von der Kommission noch von den Mitgliedstaaten die Ökopunktestatistiken, die seit 1.1.1993 quartalsmäßig (!) zur Verfügung gestellt wurden, jemals als unrichtig angezweifelt wurden. Erst seit 1999, als man zur Vertragserfüllung eine Reduktion erstmalig durchführen hätte müssen, werden diese Daten angezweifelt. Wir wollen diese beitrittsvertragswidrige Vorgangsweise gar nicht näher kommentieren, sie steht für ein fehlendes Rechtsverständnis der handelnden Personen und ist strikt abzulehnen. Es gilt für die Kommission ebenso wie für die Mitgliedstaaten die Vertragstreue: Pacta sunt servanda - Verträge sind zu halten. Noch dazu und vor allem auch deshalb, weil dieselbe Kommission im Bericht an den Rat im Dezember 2000 festgestellt hat, dass das Vertragsziel - die Reduktion der Schadstoffe aus dem Lkw-Transit - nicht erreicht wurde.

Auch die Sitzung des Ökopunkteausschusses am 13. Juni 2001 in Brüssel brachte kein Ergebnis, da die Kommission ihren Vorschlag zur Reduktion der Ökopunkte für das Jahr 2001 wieder nicht eingebracht hat und daher durch dieses seltsame und rechtsferne Verhalten zeigt, dass sie nicht bereit ist,

  1. Regelungen des Beitrittsvertrages Protokoll Nr. 9 Art. 11 Absatz 2 lit. c., die sie selbst (!) verhandelt und in den Vertrag reklamiert hat, rechtskonform zu respektieren und umzusetzen und damit
  2. dem Spruch des Europäischen Gerichtshofes vom 23.02.2001 Folge zu leisten.

Daher ergeht an die Österreichische Bundesregierung das dringend notwendige Ersuchen, unverzüglich beim Europäischen Gerichtshof wiederum Klage gegen dieses rechtswidrige Verhalten der Kommission wegen Untätigkeit einzubringen und gleichzeitig mit einer Einstweiligen Verfügung sicherzustellen, dass dem Spruch des Europäischen Gerichtshofes rechtskonform entsprochen wird. Diese Schritte sind notwendig und angemessen, wenn man bedenkt, was für ein Bild die Kommission der Öffentlichkeit vermittelt, indem Urteile der obersten europäischen Rechtsinstanz ignoriert und nicht vollzogen werden.

Top aktuell haben wir nun aus Brüssel erfahren, dass versucht wird, den ursprünglichen Kommissionsvorschlag vom 9. April 2001, der auf Reduktion der Ökopunkte für das Jahr 2001 um rund 1.000.000 lautete (ca. 160.000 Lkw-Transitfahrten), nun zurückzuziehen und die bisher einbehaltenen 500.000 Ökopunkte auszugeben.

Dazu ist festzustellen, dass die Kommission verpflichtet ist, die letzte Tranche der Ökopunkte für das Jahr 2001 mit voller Reduktion bis 30. Juni 2001 auszugeben. Dies ist schon deshalb unerlässlich, weil auch die Güterbeförderer ein Recht haben, die ihnen vertragsgemäß zustehenden Ökopunkte fristgerecht zu erhalten, um sich ihre Transitfahrten durch Österreich logistisch einzuteilen und zu organisieren. Es ist sicher keiner ein Schelm, der vermutet, dass es Ziel der Kommission ist, wiederum Fakten zu schaffen, die darauf abzielen, die Ausgabe der Ökopunkte so lange zu verzögern, bis wieder eine vertrags- und rechtswidrige Situation geschaffen und der Zwang zur erhöhten Ausgabe von Ökopunkten" künstlich erzeugt wird.

Abschließend verweisen wir darauf, dass jede andere Vorgangsweise als eine rechtskonforme Reduktion der Ökopunkte einen glatten Bruch des Beitrittsvertrages darstellt und wir davon ausgehen, dass in so einem Fall die Republik Österreich jedenfalls derzeit laufende Verhandlungen um eine allfällige Erweiterung der EU solange mit ihrem Vetorecht blockieren wird, bis die Transitregelung dauerhaft und nachhaltig" gesichert ist. Dies scheint uns eine der untragbaren Situation angemessene demokratiepolitische Notwendigkeit, um die Untätigkeit und Säumigkeit der EU-Kommission zu beenden und sie auf den Rechtsweg zurückzuführen. Ein entsprechendes Positionspapier zum Kapitel Osterweiterung - Kapitel Straße und Schiene" haben wir bereits fertiggestellt und wir Ihnen nach Prüfung durch unsere Rechtsexperten zur Verfügung gestellt.

Ebenso verweisen wir der Ordnung halber darauf, dass wir bereits mit Vorbereitungsarbeiten für eventuell notwendige Bürgerproteste begonnen haben (Brenner, Tauern etc).

Mit dem Ersuchen, dieses Schreiben Ihren Regierungsmitgliedern zur Verfügung zu stellen und die notwendigen rechtlichen Schritte einzuleiten zeichnet

mit freundlichen Grüßen für den Vorstand

Ihr Fritz Gurgiser, Obmann, eh.

Zur Vorinformation an:

FBM Dipl. Ing. Dr. Monika Forstinger (Verkehr)
BM Dr. Wilhelm Molterer (Umwelt)
BM Dr. Ernst Strasser (Versammlung)
Europäisches Parlament
Transitforum-Verteiler.

Beilage:
Die Fakten.

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