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Kurznachrichten des "Bündnis LSVA für Europa e.V."

BESSERE LUFT, WENIGER LÄRM UND FAIRE PREISE IM GÜTERVERKEHR!

November 2008
Juli 2008

LSVA:
Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe

Inhalt

  • EU: Eurovignette III in der ersten Lesung – Das Europa-Parlament positioniert sich / - Weiterer Bericht des EP: Initiativ-Bericht zur Gesamt-Strategie „Greening Package“ /

  • Wo bleibt die Ratifizierung des Verkehrs-Protokoll der Alpenkonvention?

  • Aus verschiedenen Ländern: Deutschland: Entscheidung über die Erhöhung der Lkw-Maut / Niederlande: Einführung einer Maut ab 2011 – noch nicht in trockenen Tüchern /Frankreich: Maut ab 2011 / Slowenien: Vorwurf der Unfairness

  • Wie Transporte billig werden: Personalkosten

  • Literaturempfehlungen / Impressum

# „Eurovignette III“ in der ersten Lesung – Das Europa-Parlament positioniert sich.

Die erneute Novellierung der Wegekosten-Richtlinie 2006/38/EC für LKW steht unter dem Namen „Eurovignette III“ - obwohl kaum noch Eurovignette drin steckt. Das allmähliche Auslaufen der Vignette ist im Vorschlag der EU-Kommission vorgesehen, doch das Europa-Parlament, das derzeit seine Position erarbeitet, wird in diesem Punkt möglicherweise mehr Tempo zugunsten der Kilometerabgabe verlangen. Diesen und eine Reihe weiterer Fortschritte schlagen die beiden Berichtsentwürfe (des Verkehrs- und des Industrieausschusses) vor, die voraussichtlich im Januar abgestimmt werden. (Berichterstatter Im Verkehrsausschuss: Said El Khadraoui, Sozialdemokraten, Belgien; Berichterstatter im Industrieausschuss: Claude Turmes, Grüne, Luxembourg) Der Umweltausschuss hat überraschend beschlossen, keine eigene Stellungnahme abzugeben.

Die Änderungsanträge für den El-Khadraoui-Bericht wurden bereits eingereicht: rekordverdächtige 470 Anträge (ca)! Angesichts der enormen Menge der Anträge ist verständlich, dass die Anträge noch nicht geordnet und übersetzt werden konnten und veröffentlicht sind. Es wird aber deutlich, wie kontrovers das Thema diskutiert wird.

Den beiden Stellungnahmen zumindest ist gemeinsam, dass sie die Initiative der Kommission stark unterstützen und darüber hinaus Impulse geben, um dem bisherigen Vorschlag noch mehr Biss zu verleihen. Dabei werden unterschiedliche Ansätze verfolgt:

  • El Khadraoui: allmähliches Auslaufen der Freiwilligkeit mit Zwischenschritten dorthin; fordert auf alle Fälle die Einrechnung der Klimakosten und will die explizite Beschränkung auf nur drei Kostenkategorien insgesamt entfernen; will verbindliche Zweckbestimmung für die Verwendung der Gebühren; will eigene Berechnungsmethoden zulassen, die auch höhere Gebühren ergeben dürfen als die von der Kommission vorgeschlagenen Obergrenzen; schlägt die Methodik des Handbuches als Berechnungs-Möglichkeit für diejenigen Länder vor, die keine eigenen Berechnungen haben;

  • Turmes: sofortige Verbindlichkeit der RL ohne Wenn und Aber; statt 3 sollen 7 Kostenka-tegorien eingerechnet werden: Luftverschmutzung, Lärm und Stau (wie im Kommissionsvorschlag), zusätzlich Schädigung von Natur und Landschaft, Klimakosten, Abhängigkeit von Erdöl und Unfallkosten, die nicht von den Versicherungen gedeckt sind; gibt die Methodik ganz frei, auf der Basis von Minimalkosten und den allgemeinen Methoden des Handbuches, legt Zweckbestimmungen nahe („sollte“)

Den beiden mutigen Berichten stehen Diskussionen entgegen, die teilweise in der Rigidität der Ablehnung überraschen (zum Beispiel von den Konservativen) und selbst innerhalb der Fraktionen unterschiedlich verlaufen (z.B. bei den Sozialdemokraten). Erstaunlich ist vor allem, dass es sich um dieselben Abgeordneten handelt, die 2005/2006 gegen den Willen der Kommission und des Ministerrates Fortschritte ausgehandelt hatten. Streit gibt es nun um die Frage, welche Arten der externen Kosten angerechnet werden dürfen.

Es wird berichtet, dass allein 250 Änderungsanträge sich mit den Staukosten beschäftigen. Das kann auch nicht verwundern, denn nach dem Vorschlag der Kommission sind nur bei den Staukosten spürbare Gebührensätze möglich, die anderen Kostenfaktoren bleiben moderat bis äußerst spärlich. Von den extremen Gegnern des Berichtes wurde auch in den öffentlichen Diskussionen schon versucht, Kostenbereich für Kostenbereich zu reduzieren bzw. zu eliminieren – bis am Ende nichts Wirksames mehr übrigbleibt. Weitere Forderungen, die geeignet sind, die Novellierung zu torpedieren: Jetzt könne man nicht viel machen, um die angeschlagene Wirtschaft nicht weiter zu schwächen, und: Es müssten bei allen Verkehrsträger gleichzeitig die Kosten internalisiert werden, so lange müsse gewartet werden. Letzteres hat die erboste Antwort provoziert: „wir können doch nicht warten, bis auch noch das Fahrrad seine externen Kosten angelastet kriegt.“

Schwerpunkte für die Meinungsbildung

Nach Ansicht des Bündnis LSVA für Europa geht es in den nächsten Wochen vor den Abstimmungen um zweierlei:

  1. Einerseits muss eine starke Rückendeckung für die Kommission erfolgen, die immerhin einen Vorschlag für die Kosteninternalisierung bei LKW gemacht hat. Betrachtet man die „Hausaufgaben“, die ihr bei der letzten Novellierung aufgetragen wurden, wäre das nicht zwingend notwendig gewesen. Denn verbindlich verlangt wurde nur die Vorlage einer gemeinsamen Methodik und einer allgemeinen Strategie.

  2. Andererseits sollte die zukünftige Richtlinie mit mehr Engagement noch verschiedene weitere Verbesserungen bekommen, damit die bestehenden Probleme tatsächlich konkret wirksam entschärft werden können. Dazu gehören diese entscheidenden Fortschritte:
    - Alle relevanten Kostenkategorien aus dem Methodenhandbuchs müssen angerechnet werden dürfen (also auch Unfallkosten (!), Klimakosten (!!), Kosten des Landschaftsverbrauchs, Ölabhängigkeit (bzw up-and downstream-Prozesse))
    - die tatsächlich nachweisbaren Kosten müssen auch tatsächlich angelastet werden, also: Untergrenzen statt Obergrenzen bei den Externe-Kosten-Gebühren;
    - Verbindlichkeit der RL: vorgeschriebene Gebühren für alle Länder, alle Straßen, alle Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen sind letztlich das Ziel.

Weil die erste Lesung zur „Eurovignette III“ und die Europawahlen 2009 zeitlich eng beieinander liegen, zeichnet sich schon jetzt ab, dass sehr aufmerksam auf die Meinung der zukünftigen Wähler geachtet wird. Wir ermutigen daher alle, diese Chance zu nutzen und sich an die Abgeordneten und die nationalen Verkehrsministerien zu wenden.

Terminplanungen

Sowohl das Parlament wie auch der Ministerrat setzen sich selber unter Zeitdruck. Wegen der anstehenden Neuwahl des EP im Juni 2009 soll versucht werden, innerhalb nur einer Lesung bis zum März zu einer Einigung zu kommen. Die Wunschtermine sind:

2.12.2008: Hearing im Verkehrsausschuss des Europa-Parlamentes

21.1.2009: Diskussion der Änderungsanträge und Abstsimmung im Verkehrsausschuss

10.3.2009: Diskussion und Abstimmung im Plenum des Parlamentes

(Die Termine des Verkehrsministerrates sind noch nicht bekannt.)

Die wichtigsten Kontaktpersonen der beiden beteiligten Ausschüsse:

TRAN
- Said El Khadraoui, Belgien, Sozialdemokraten, (federführend)

- Corien Wortmann-Kool, Niederlande, Konservative

- Dirck Sterckx, Belgien, Liberale

- Eva Lichtenberger, Österreich, Grüne

- Erik Meijer, Niederlande, Vereinigte Europäische Linke

- Roberts Zile, Lettland, UEN (Union für das Europa der Nationen)

- Johannes Blokland, Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie

ITRE
- Claude Turmes, Luxemburg, Grüne (federführend)

- Etelka Barsi-Pataky, Ungarn, Konservative

- Silvia-Adriana Ticau, Rumänien, Sozialdemokraten

- Lena Ek, Schweden, Liberale

Fundstellen der Berichte:

El Khadraoui:

www.europarl.europa.eu/activities/committees/workingDocsCom.do?language=DE&body=TRAN# /
Claude Turmes: noch nicht im Internet (kann bei uns angefordert werden)

# Weiterer Bericht im Europa-Parlament: Initiativ-Bericht zur Gesamt-Strategie „Greening Package“

Auch der scheidende CDU-Abgeordnete Georg Jarzembowski hat einen Bericht im Zusammenhang mit der Kosteninternalisierung geschrieben: einen Initiativbericht zur Internalisierungsstrategie insgesamt. Damit handelt es sich also das Gesamtpaket, in das die „Eurovignette III“ im Juli 2008 als Teilstück eingepackt wurde.

Mit sehr spitzer Feder rechnet Jarzembowski in seinem Bericht mit der Kommission ab. Dabei wirft er ihr u.a. mangelnden Arbeitseifer und unausgereifte Vorlagen vor, gleichzeitig aber auch Vorpreschen. Auch diesen Bericht werden die Abgeordneten in den nächsten Wochen diskutieren und ungefähr parallel zur Eurovignetten-Novellierung abstimmen.

Fundstelle im Internet:

www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+COMPARL+PE-414.008+01+DOC+PDF+V0//DE&language=DE

# Wo bleibt die Ratifizierung des Verkehrs-Protokoll der Alpenkonvention?

Kaum ein Völkerrechts-Vertrag enthält eine so eindeutige Verpflichtung zur Senkung von Verkehrsbelastungen mit Hilfe preispolitischer Instrumente wie die „Alpenkonvention“. Aber die EU tut sich schwer mit der Ratifizierung ausgerechnet des Verkehrsprotokolls, und dies 13 Jahre nach Inkrafttreten der Rahmenkonvention. Durch die Initiative von EP-Abgeordneten und Umweltorganisationen gelang es Anfang 2008, den damaligen Kommissar Barrot zur Verpflichtung zu bewegen, dass noch im Jahr 2008 die Ratifizierung erfolgen solle. Kommissar Tajani bestätigte dies kurz vor seinem Amtsantritt im Sommer 2008.
Jetzt ist bald Dezember, und es gibt noch immer keine Anzeichen für die Ratifizierung. Erneut gibt es daher Appelle an die Kommission, das Ratifizierungsverfahren zum Ende zu bringen. Diesmal kommen die Appelle in Form eines gemeinsamen Briefes des slowenischen und des französischen Umweltministers. Auch die Grünen im Europa-Parlament haben eine erneute Anfrage gestellt. Es wird wieder einmal spannend: Am 11.12. ist der „Internationale Tag der Berge“ der Vereinten Nationen. Das wäre doch eine schöne Gelegenheit.

# Deutschland: Entscheidung über die Erhöhung der Lkw-Maut

Ab dem 1. Januar 2009 wird in Deutschland die LKW-Maut erhöht. Zukünftig werden im Durchschnitt 16 Cent pro gefahrenem Kilometer für LKW ab 12 Tonnen erhoben. Der Entscheidung waren monatelange Debatten und heftige Proteste der Lkw-Branche vorausgegangen, obwohl eine Studie belegt, dass Deutschland auch nach der Erhöhung noch immer die niedrigsten Mautsätze in Europa hat und in anderen europäischen Ländern mit entfernungsabhängiger Maut wesentlich höhere Mautsätze gelten. Ein Kompromiss war vor allem bei den Gebühren für die Euro-3-Fahrzeuge notwendig geworden, deren Mautsatz ursprünglich deutlich höher ausfallen sollte.

# Niederlande: Einführung der Maut ab 2011 – noch nicht in trockenen Tüchern

Das von 2011 an in den Niederlanden geplante Mautsystem soll auch PKW mit einbeziehen, hat der holländische Verkehrsminister Camiel Eurlings am 17.11.2008 im Parlament in Den Haag. Im kommenden Jahr soll das Mautgesetz ins Parlament eingebracht werden und ab 2011 für LKW gelten. Ab 2012 sollen dann auch PKW einbezogen werden. Als Ausgleich sollen andere Kosten wie z.B. die Kfz-Steuer sollen für die PKW ab 2018 wegfallen. Ob der Zeitplan eingehalten werden kann, ist aber nicht wirklich sicher, denn offenbar sind noch etliche technische Probleme ungelöst.

# Frankreich: Maut ab 2011

Ab 2011 soll auch auf Frankreichs Straßen eine LKW-Maut ab 3,5 Tonnen erhoben werden. Sie wird zwischen 5 und 30 Cent betragen, gestaffelt nach Strecke und Tageszeit. Die Entscheidung für die Maut ist ein Teil des Umweltrahmengesetzes und folgt einem ausgedehnten landesweiten Diskussionsprozess, bei dem Umweltorganisationen intensiv beteiligt waren.

# Slowenien: Vorwurf der Unfairness

Slowenien wird vorgeworfen, eine unfaire Maut einzuführen. Die EU hat dem Land deswegen ein Verfahren angedroht. Der Grund: Slowenien hat keine Kurzzeitvignette vorgesehen, sondern nur eine Halbjahres- bzw. Jahresvignette. Der Deutsche Automobilclub (ADAC) hatte bei der EU-Kommission dagegen protestiert. (EurActiv 3.10.2008)

# Wie Transporte billig werden - Personalkosten

Enorm niedrige Löhne und eine harte Konkurrenz aus den östlichen EU-Ländern erzeugen einen enormen Kostendruck im Straßengüterverkehr, zu Lasten der konkurrierenden Bahn. Dabei ist Polen mit seinen niedrigen Personalkosten zur führenden Transportnation in der Europäischen Union geworden. Das hat Eurostat in seinen jüngsten Erhebungen festgestellt. Durchschnittliche Kosten pro Jahr:

Niederlande: 43 000 Euro / Jahr

Dänemark: 40 000 Euro / Jahr

Luxemburg: 36 000 Euro / Jahr

Frankreich: 33 000 Euro / Jahr

Österreich: 33 000 Euro / Jahr

Deutschland: 27 000 Euro / Jahr

Slowakei: 6 000 Euro / Jahr

Polen: 5 000 Euro / Jahr

Bulgarien: 3 000 Euro / Jahr

Rumänien: 2 000 Euro / Jahr

(http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page?_pageid=1073,46587259&_dad=portal&_schema=PORTAL&p_product_code=KS-SF-08-097)

# Literaturempfehlungen:

Tina Gehlert: Straßenbenutzungsgebühren in Städten - Akzeptanz und Mobilitätsverhalten

Psychologische Erklärungsansätze und übersichtliche exenplarische Darstellungen von Preissystemen in europäischen Städten geben neue Impulse für ein wichtiges Thema.

ISBN 978-3-531-16333-8, 239 Seiten, Euro 34,90

TU Dresden: Was kostet Verkehr?

Wer immer schon einmal eine kurze, verständliche Erklärung dazu gesucht hat, was externe Kosten eigentlich sind - oder weitere Hintergrundinformationen zum Thema, die wissenschaftlich präzise und zugleich locker geschrieben, der wird auf dieser website der TU Dresden fündig.

http://vplno1.vkw.tu-dresden.de/oeko/Ext-Kost/ext-kost-index.htm

Impressum: Bündnis LSVA für Europa e.V., Heike Aghte (Geschäftsführerin), Rathaus-Str.17, D-10178 Berlin; Tel: 0049-170-5389971;Spenden-Konto: 552 415 803; BLZ: 700 100 80, Postbank München, IBAN DE 90 700100800 552 415 803, BIC PBNKDEFF   Nachdruck (auch auszugsweise) nur bei Nennung des Urhebers.

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