Reduzierung der Züge Lienz-Innsbruck widerspricht dem Verkehrsdienstevertrag Aktuelles/Termine
Brief von FAHRGAST PRO BAHN Allgäu / Tirol 16.11.2002
Fahrgastanliegen aus Tirol

Herrn
Generaldirektor der ÖBB
Dipl.-Betriebswirt Rüdiger vorm Walde
Elisabethstraße 9
1010 Wien

Betr.: Fahrgastanliegen aus Tirol

Sehr geehrte Herr Generaldirektor,

aus aktuellem Anlass (Reduzierung der Direktverbindungen im Regionalzugverkehr zwischen Innsbruck und Lienz zum Fahrplanwechsel im Dezember 2002) darf ich auf folgende Fakten hinweisen:

Die von den ÖBB angestrebte Reduzierung der zwischen Innsbruck und Lienz durchgehenden Züge widerspricht dem am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen bis zum Ende des Jahres 2007 gültigen Verkehrsdienstevertrag. Dieser Vertrag wurde zwischen den ÖBB und dem Land Tirol abgeschlossen. Auf Seite 14 ist genau festgelegt, wie viele Regionalzüge die ÖBB zwischen Lienz und Innsbruck zu führen haben. Montags, wenn Werktag, sind dies in der Relation Lienz – Innsbruck 4 und in der Gegenrichtung 3 Züge. Samstags, wenn Werktag, ist die vorgeschriebene Zuganzahl genau spiegelverkehrt. Von Dienstag (im Verkehrsdienstevertrag steht an dieser Stelle wieder das Wort Montag und nicht Dienstag; ich nehme an, dass es sich um einen Druckfehler handelt) bis Freitag, wenn Werktag, müssen in beide Richtungen je 3 Züge verkehren. An Sonn- und Feiertagen haben in jede Richtung je 2 Züge zu fahren. Auf Seite 5 steht wörtlich: Zur Attraktivierung des Personenverkehrs zwischen Innsbruck Hbf. und Lienz über die Bahnhöfe Brenner – Innichen werden die ÖBB moderne, den Erfordernissen des Pustertalverkehrs angepasste Wagen einsetzen.

Sollten die ÖBB die Reduzierung wie geplant umsetzen, handelt es sich um einen Vertragsbruch, der nicht ohne Folgen bleiben kann. Beachten Sie dazu bitte die beiliegenden Pressemeldungen aus der Tiroler Tageszeitung vom 12.11.2002 und vom 15.11.2002.

Als Tiroler Sprecher von Fahrgast Österreich bitte ich Sie daher, dass die ÖBB von einer Reduzierung der Direktverbindungen Abstand nehmen mögen. Sollten die ÖBB nicht mehr willens sein, ALLE durchgehenden Verbindungen auch in Zukunft aufrecht zu halten, möge bitte der Weg frei gemacht werden, damit ein anderer Betreiber die Strecke bedienen kann.

Ansonsten habe ich noch folgende Anregungen: Die ÖBB mögen - wie in früheren Jahren - wieder ein komfortables, täglich durchgehendes Fernverkehrszugpaar zwischen Innsbruck und Wien über Klagenfurt - Villach - Spittal am Millstättersee - Lienz (mit guten Umsteigeanschlüssen in Franzensfeste [nach bzw. von Süditalien] und Innsbruck [nach bzw. von Vorarlberg / Schweiz und nach bzw. von München bzw. Augsburg, und zwar über Kufstein und über Seefeld - Mittenwald] einführen.

Ebenso sollte ein komfortables, täglich durchgehendes Fernverkehrszugpaar in der Relation Innsbruck - Seefeld - Mittenwald - München eingeführt werden.

Damit beide Züge von den Fahrgästen wirklich angenommen werden, muss allerdings auch das Umfeld stimmen. Es müsste daher einerseits danach getrachtet werden, dass speziell am Bahnhof Lienz so schnell wie möglich ein qualitativ hochwertiges Bahnhofsrestaurant installiert wird (das frühere Restaurant ist seit einiger Zeit ersatzlos geschlossen). Andererseits wäre an der Strecke von Innsbruck über Seefeld nach München umgehend nach Lösungen zu suchen, wie die seit einigen Wochen wegen der Einführung des Zugleitbetriebes unbesetzten Bahnhöfe zwischen Innsbruck und Scharnitz wieder ein attraktives Kundenservice bekommen können. Es handelt sich hier um ein ausgesprochenes Tourismusgebiet, in dem an Bahnhöfen mehr als nur um sich greifender Vandalismus geboten werden müsste. Besonders negativ ist der Umstand zu bewerten, dass in Seefeld seit Einführung des Zugleitbetriebes der Fahrkartenschalter an Wochenenden geschlossen ist, obwohl gerade an Wochenenden die meisten Touristen an- bzw. abreisen.

Weiters darf ich bitten, dass die ÖBB-Führung in absehbarer Zeit mit der Gemeindeführung von Kitzbühel Kontakt aufnimmt. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, gibt es dort seit einiger Zeit ernstzunehmende Bestrebungen, Kitzbühel von der Bahn hinkünftig umfahren zu lassen. Die bestehenden Gleisanlagen, der Bahnhof Kitzbühel und die Haltestelle Kitzbühel Hahnenkamm sollen nach Realisierung der Umfahrung abgerissen werden. Reisende müssten dann von St. Johann in Tirol mit dem Bus nach Kitzbühel gefahren werden (ein Stumpfgleis Richtung Haltestelle Kitzbühel Hahnenkamm soll liegen bleiben; das Gleis wird nur einmal im Jahr - zum Hahnenkammschirennen - in Verwendung stehen). Um zu verhindern, dass dieser Unsinn, der überdies viel Geld verschlingen würde, realisiert wird, wäre dringend erforderlich, dass Sie sich persönlich mit der Gemeindeführung in Verbindung setzen und so ein "gutes Klima" zwischen den ÖBB und den Gemeindeverantwortlichen aufbauen. So müsste es dann auch möglich sein, die Gemeindeleitung zu überzeugen, dass die Bahn in Zukunft auch im Personenverkehr eine immer bedeutendere Rolle spielen wird und dass es daher kontraproduktiv ist, wenn sich eine so renommierte Stadt wie Kitzbühel selbst und völlig freiwillig eines Bahnanschlusses beraubt.

Für eine umgehende Stellungnahme dankt Ihnen

MMag. Martin Teißl
Tiroler Landessprecher von Fahrgast Österreich und Mitarbeiter bei Fahrgast - Pro Bahn Allgäu/Tirol Internet: www.fahrgast.at
Besuchen Sie auch www.erlebnisbahn.at/ausserfernbahn und
www.pro-bahn.de/ausserfernbahn

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