Reduzierung der Züge Lienz-Innsbruck widerspricht dem Verkehrsdienstevertrag Aktuelles/Termine
Presseinformation der Arbeiterkammer Tirol 20.11.2002
AK-Dinkhauser: Osttiroler Bahnpendler dürfen nicht Menschen zweiter Klasse sein!

Vehement fordern AK-Präsident Fritz Dinkhauser und AK-Vorstand Fritz Gurgiser die ÖBB und das Land Tirol auf, den "offensichtlichen Pfusch der Unterzeichner des Verkehrsdienstevertrages nicht auf dem Rücken der Osttiroler Pendler und Schüler auszutragen. Osttiroler Bahnpendler dürfen nicht Menschen zweiter Klasse sein! Sie werden durch die geplanten Verschlechterungen vor allem in Hinblick auf spätere Ankunftszeit und weniger Haltestellen nahezu mit Gewalt auf die Straße getrieben."

Es geht um die Streichung der gerade für Osttiroler Wochenpendler und Schüler so wichtigen Früh-Zugverbindung am Montag Morgen mit der Ankunft 7.44 Uhr in Innsbruck. Dieser Korridorzug wurde bei seiner Einführung im Jahr 1997 bestens angenommen. Zwischen 150 und 200 Pendler sind mit ihm von Ost- nach Nordtirol gependelt – eine ideale Verbindung gerade für Arbeitnehmer, Schüler und Studenten. Statt diese Chance zu nützen und die Verbindung attraktiver zu gestalten, ist das Gegenteil der Fall. Es kam immer wieder zu Pannen. Schlechtes Wagenmaterial, nicht so starke Lokomotiven, Stehzeiten, Ausfall der Heizung, Schienenersatzverkehr und ähnliche Schwierigkeiten haben die Begeisterung der Pendler für den Frühzug gedämpft.

Eine weitere Verschlechterung im neuen Fahrplan, der am 15. Dezember in Kraft tritt: Der nächste Zug, der nach 8 Uhr in Innsbruck ankommt, hat nur Haltestellen in Lienz und Sillian, die anderen Haltestellen wurden aufgelöst. Nicht unerheblich sind auch die Streichungen der Verbindungen am Vormittag (Lienz ab 8:39 Uhr) und am Nachmittag (Ibk. ab 13:56 Uhr). Dies vor allem deshalb, da die Vormittagverbindung von vielen Osttirolern für einen Klinikbesuch oder einen Behördengang benützt wird. Die Retourverbindung, mit Ankunft um ca. 17 Uhr in Lienz, stellt dagegen eine zeitlich sehr gut passende Retourverbindung dar. Wohl oder übel müssen dann die Osttiroler eine wesentlich längere Fahrtzeit in Kauf nehmen, oder teilweise mehrmals umsteigen. Im letzteren Fall bewegen sich die Fahrtzeiten zwischen 4:50 und 5 Stunden! Immer weniger Menschen aus Osttirol sind bereit, diese Strapazen auf sich zu nehmen, verlassen diesen Landsteil oder steigen auf private Verkehrsmittel um.

Die Streichung des Frühzuges und die weiteren Verschlechterung des Angebotes ist ein nicht nachvollziehbarer Schildbürgerstreich zu einem Zeitpunkt, in dem in Innsbruck das Sekretariat der Alpenkonvention installiert wird und am 18. Dezember 2002 auch das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention in Kraft tritt. Unter anderem mit dem Ziel, "Belastungen und Risiken im Bereich des inneralpinen ... Verkehrs auf ein Maß zu senken, das für Menschen, Tiere und Pflanzen sowie deren Lebensräume erträglich ist, ..."

Aus Sicht der AK Tirol ist dies jedenfalls ein deutlicher Hinweis auf die Verpflichtungen von Land und ÖBB, nicht nur die großen Transitstrecken im Auge zu behalten, sondern in den Regionen die entsprechenden positiven Signale für den öffentlichen Verkehr zu setzten.

Die betroffenen Pendler und Schüler haben auch absolut kein Verständnis für formalrechtliche Ablenkungsmanöver des Innsbrucker Personenverkehrsreferenten Emmerich Müller, der meint, "die ÖBB bewegen sich im Rahmen des Vertrages". Würde man dem folgen, ist wohl klar, dass sich dann "immer mehr Pendler und Schüler auf der Straße bewegen müssen".

Interessant ist dabei vor allem, dass die Strategie seitens der ÖBB dem Vorgehen bei der Außerfernerbahn sehr ähnlich ist. Auch bei der Außerfernerbahn wurde damit argumentiert, dass die Bahnstrecke ein hohes Defizit hat und sich die ÖBB außerstande sieht, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Interessant ist dabei aber auch, dass das Land stets auf die Erfüllung des Dienstleistevertrages (gültig bis 2007; 25 Millionen oder EUR 1.816.820,85) beruft, im Grunde genommen aber gegen die laufenden Fahrplanausdünnungen nicht protestiert. Auch in diesem Fall konnte die AK Tirol erfolgreich gegensteuern - in letzter Konsequenz wurde daher der Betrieb der DB-Regio übergeben, mit dem Erfolg, dass nun spürbare Frequenzsteigerungen zu verzeichnen sind.

Völlig unverständlich ist für die AK Tirol auch, dass es keine besseren Koordinationen mit dem Südtiroler Verkehrsverbund gibt. Die Arbeiterkammer hat erst vor kurzem eine Veranstaltung organisiert, die dazu dienen soll, die Möglichkeiten und Synergien beim Öffentlichen Verkehr (insbesondere beim grenzüberschreitenden Personennahverkehr) aufzuzeigen. Eigentlich müsste dies die Aufgabe des Landes sein.

Wer interessiert sich zum Beispiel für die Sorgen einer Osttiroler Mutter, deren Sohn in die HTL Innsbruck geht, am Wochenende nicht in Innsbruck bleiben kann, da das Heim geschlossen wird. Durch die Fahrplanverschlechterung ist er nun zu einem längerem Aufenthalt in Innsbruck gezwungen. Er kommt statt um 17 Uhr erst nach 19 Uhr in Lienz an. Fataler ist die Situation am Montag, denn künftig sind die Schüler gezwungen schon am Sonntag Abends anzureisen, da die neue Frühverbindung erst nach 8 Uhr in Innsbruck ankommt!

Die AK Tirol fordert daher nachdrücklich:

"Wenn es technisch leicht möglich war, vor mehr als 30 Jahren bemannt auf den Mond zu fliegen, so wird es im Jahr 2002 wohl möglich sein, diese Strecke so zu herzurichten, dass Pendler und Schüler nicht davongetrieben werden, sondern zusätzliche Kunden gewonnen werden. Das ist das Ziel, dem Land, Bund und ÖBB verpflichtet sind und diesem Ziel haben sich lächerliche formalrechtliche Ablenkungsmanöver unterzuordnen", so Dinkhauser und Gurgiser abschließend

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