Brief vom 26.7.2001 ARGE STOP TRANSIT Aktuelles / Termine
Exorbitanter Fahrpreissprung zwischen Ost- und Südtirol ist ein Hohn für Bahnfahrer
Frau Bundesministerin
für Verkehr, Innovation und Technologie
Dr. Monika Forstinger
Radetzkystraße 2
1030 Wien

Sehr geehrte Frau Bundesministerin !

Da Sie in der Bundesregierung für Eisenbahn-Angelegenheiten zuständig sind, möchte ich Sie auf einen Skandal in der Tarifgestaltung der ÖBB und der italienischen Bahnverwaltung bzw. in der mangelnden Beratung der Bahnkunden der ÖBB hinweisen, der allen Bemühungen, verstärkt Bahnkunden zu gewinnen, Hohn spricht und bisherige Bahnkunden von weiterem Bahnfahren abschreckt.

Ich habe heute im Bahnhof Lienz/Osttirol eine Fahrkarte nach Toblach/Dobiacco (Südtiroler Pustertal) hin und retour gelöst (Zugabfahrt 08.39 Uhr, Zugverbindung Lienz-Innsbruck). Der Hin-und-retour-Preis für die zirka 45 Kilometer lange Strecke in der Höhe von genau ATS 300.- schockierte mich. Dies auch deswegen, weil man für die knapp fünf Kilometer kürzere Strecke Lienz-Innichen/San Candido nur ATS 192.- hin und retour gezahlt hätte. Weder der befragte Bahnschaffner noch der Bahnbedienstete am Fahrkartenschalter in Lienz hatte eine Erklärung für diesen exorbitanten Tarifsprung von ATS 192.- auf ATS 300.- für nur fünf weitere Bahnkilometer.

Über die Bahnauskunft (Tel. 05-1717) erfuhr ich dann, dass dieser Sprung auf den Übergang zwischen zwei Bahnverwaltungen zurückzuführen sei und dass deshalb ab San Candido/Innichen von der italienischen Bahnverwaltung der volle Grundtarif für die erste Tarifstrecke verlangt werde, obwohl man mit dem gleichen österreichischen Zug von Innichen bis Toblach weiterfährt. Die Bahnauskunftsstelle ergänzte, dass auch die österreichische Bahnverwaltung in umgekehrter Richtung voll tarifmäßig zuschlage, offenbar ein gegenseitiges stillschweigendes Übereinkommen zwischen der österreichischen und italienischen Bahnverwaltung, um nichtsahnenden Bahnkunden das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich wurde am Schalter im Bahnhof Lienz weder auf den Umstand dieses exorbitanten Tarifsprungs noch auf billigere Alternativen aufmerksam gemacht.

Hätte ich die Karte in Lienz nur bis Innichen/San Candido gelöst und am Bahnschalter in Innichen eine Fahrkarte nach Toblach/Dobiacco gekauft, hätte ich laut Auskunft aus Südtirol nur ca. 5000 Lire (ATS 35.-) und nicht ATS 108.- wie beim ÖBB-Schalter in Lienz für die fünf Kilometer Innichen-Toblach hin und retour bezahlt.

Ich ersuche Sie als verantwortliche Bundesministerin dringend, bei der österreichischen und der italienischen Bahnverwaltung zu intervenieren, um diesen groben Unfug zu Lasten der Bahnkunden unverzüglich abzustellen.

Als Sprecher einer Verkehrs-NGO werde ich in Zukunft auf nationaler und internationaler Ebene, medial und auf Verkehrskonferenzen, immer wieder auf diesen unglaublichen Missstand und auf die dafür Verantwortlichen als abschreckendes Beispiel hinweisen, solange dieser weiterbesteht. Wie mir die o.a. Bahnauskunftsstelle mitteilte besteht dieser Missstand am Deutschen Eck nicht.

Sollte dieser Tarif-Unfug nicht abgestellt werden, muss man - in der Zusammenschau mit anderen Verschlechterungen des regionalen Bahnangebotes - den Schluss ziehen, dass die Bahn- und politisch Verantwortlichen entgegen ihren eigenen Werbe- und Wahl-sprüchen gar nicht an einer Attraktivierung der Bahn in unserer ohnehin mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht versorgten Region interessiert sind, sondern im Gegenteil die Bahnkunden bewusst abschrecken wollen, um mit dem Hinweis auf die schlechte Auslastung die Einstellung weiterer regionaler und überregionaler Zugverbindungen und Strecken rechtfertigen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Arge Stop Transit

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